Erste Parlamentarische Geschäftsführerin | Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rassismus in den Reihen der Polizei? Aktuelle Debatten und Grüne Forderungen

Kuppel

Die Tötung von George Floyd hat in den USA eine Welle von Protesten gegen rassistische Polizeigewalt ausgelöst, die auch in Deutschland zu einer neuen Auseinandersetzung mit dem Thema  Rassismus geführt hat. Um zu erfassen, inwiefern gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in den Reihen der Polizei auftaucht, brauchen wir endlich wissenschaftliche Studien, die sich mit den Einstellungsmustern von Polizistinnen und Polizisten befassen. Neben solchen Studien fordern wir, einen Polizeibeauftragten als Anlaufstelle sowohl für Anliegen von Polizistinnen und Polizisten, als auch von Bürgerinnen und Bürgern zu etablieren.

Die Black Lives Matter Proteste in zahlreichen deutschen Städten solidarisieren sich nicht nur mit den Protesten in den USA, sondern prangern auch Missstände in Deutschland an. Wenngleich man die Zustände in den USA nicht mit denen in Deutschland gleichsetzen kann – nicht zuletzt aufgrund der besseren polizeilichen Ausbildung in Deutschland – gibt es auch hier immer wieder Meldungen über rassistische und rechtsextreme Vorfälle bei der Polizei. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, wie unter anderem Rassismus und Antisemitismus sind in der Gesamtgesellschaft  weit verbreitet. Über das Ausmaß des Problems in den Reihen der Polizei gibt es jedoch  keine belastbaren Zahlen. In unserem Antrag „Verfassungsfeindliche Tendenzen in der Polizei erkennen und entschlossen angehen“ fordern wir deshalb, dass sich die Innenminister- und senatoren im Rahmen der Innenministerkonferenz dafür einsetzen in allen Bundesländern und im Bund unabhängige wissenschaftliche Studien über das Ausmaß gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und anderer verfassungsfeindlicher Einstellungen und Praktiken, wie Racial Profiling, bei den Polizeien der Länder und des Bundes durchzuführen. Studien, die mit der Leipziger Autoritarismus-Studie oder der Mitte-Studie vergleichbar sind, würden einen Überblick über die Einstellungsmuster in den Reihen der Polizei im Vergleich zur Gesamtgesellschaft ermöglichen. Mit wissenschaftlichen Erkenntnissen würden wir auch die Spekulationen und den oftmals beklagten Generalverdacht über eine insgesamt rassistische Polizei beenden. Unsere Forderung nach wissenschaftlichen Untersuchungen wird u.a. auch vom Bund Deutscher Kriminalbeamter unterstützt.

Aufgrund meiner jahrelangen Tätigkeit als Polizistin und meiner zahlreichen Kontakte zur Polizei, bin überzeugt, dass die übergroße Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten in Deutschland Rassismus ablehnen.

Auf die taz Kolumne mit dem abschätzigen Titel „All Cops are berufsunfähig“ und ihrem menschenverachtenden Duktus, die in den letzten Tagen viel Aufmerksamkeit erfahren hat, habe ich deswegen in einem Leserbrief geantwortet. Die vielschichtige Debatte, die sich seither um die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen von Satire ergeben hat, ist sicherlich noch nicht beendet. Der These des Bundesinnenministers, es gäbe einen Zusammenhang zwischen der Kolumne und den Ausschreitungen in Stuttgart, stimme ich jedoch keinesfalls zu. Seine Idee einer Strafanzeige als Bundesinnenminister hat er ja glücklicherweise aufgegeben. Ein solches Vorgehen kennzeichnet eher autoritäre Regierungen und passt nicht zum Anspruch einer modernen liberalen Demokratie.

Am Ende ist es doch ganz schlicht: Wenn die Polizei ein Spiegelbild unserer Gesellschaft ist, dann gibt es auch dort Rassismus. Deshalb ist es mir unbegreiflich, warum gerade die Union sich gegen jede Initiative stellt, die Problemen wie Rassismus und Diskriminierung bei der Polizei begegnet. Schon unser Gesetzentwurf über die unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes (Bundespolizeibeauftragtengesetz) wurde bereits als Affront gegenüber der Arbeit der Polizei bewertet. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, da die Polizeibeauftragten in den Bundesländern und beim Bund, als Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger, aber auch Ansprechpartner für Polizistinnen und Polizisten fungieren sollen, die in ihrem eigenen Umfeld Probleme erkennen. Spätestens nach den NSU-Untersuchungsausschüssen sollte klar sein, dass wir eine verbesserte Fehlerkultur bei der Polizei brauchen. Mit der Einrichtung einer unabhängigen Polizeibeauftragten oder eines unabhängigen Polizeibeauftragten würden wir einen ersten wichtigen Schritt in diese Richtung gehen. In meiner Rede im Bundestag letzte Woche habe ich deswegen erneut für die Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf geworben.

Links

Antrag Verfassungsfeindliche Tendenzen in der Polizei erkennen und entschlossen angehen

Gesetzentwurf über die unabhängige Polizeibeauftragte oder den unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes (Bundespolizeibeauftragtengesetz)

Rede im Bundestag zum Polizeibeauftragten

Gastbeitrag in der taz

Artikel zu Grünem Antrag zu Studien über verfassungsfeindliche Tendenzen

Interview in der Welt

Interview im Spiegel


Dieser Beitrag ist ursprünglich im Newsletter erschienen.

Reden im Bundestag
Pressespiegel
Pressemitteilungen