Der aktuelle Stand zum BKA-Untersuchungsausschuss
Notbremse
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann wird verdächtigt, Sebastian Edathy über die Ermittlungen gegen ihn informiert zu haben. So schildert es Edathy in seiner Zeugenaussage. Hartmann beruft sich nun auf sein umfassendes Aussageverweigerungsrecht. Damit schützt er sich selbst – und vor allem die SPD-Spitze.
Aufklärungspuzzle
Zur Erinnerung: Edathy hatte am 18. Dezember 2014 vor dem Untersuchungsausschuss zur BKA-Edathy-Affäre behauptet, der Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann (SPD) habe ihn laufend über gegen ihn (Edathy) geführte Ermittlungen wegen Bezugs von kinder- und jugendpornografischen Bildern informiert und in dieser Sache auch mit der SPD-Führung in Kontakt gestanden. Als Informationsquelle habe Hartmann auf seine Direktkontakte mit dem damaligen BKA-Chef Ziercke verwiesen. Hartmann hatte all dies in seiner ersten Vernehmung am 18. Dezember 2014 bestritten, sich allerdings dabei teils widersprüchlich und wenig glaubhaft auf die Fragen der Ausschussmitglieder eingelassen. Die wahre Quelle von Hartmann wird der Ausschuss noch aufzuklären haben. Dabei ist auch die SPD-Spitze nicht ausgeschlossen.
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Zeugenaussagen
Der Untersuchungsausschuss hat am 5.Februar 2015 den Anwalt von Edathy vernommen. Dieser bestätigte die Aussage seines Mandanten vom Dezember. Damit hat nach sechs Zeugen in der vorausgegangenen Vernehmung vom 29. Januar 2015 ein weiterer Zeuge die Glaubhaftigkeit von Edathys Angaben gestärkt und Hartmann belastet.
Ein Zeuge hatte am 29.Januar 2015 sogar bekundet, selbst und noch vor Edathy von Hartmann am Rande des Leipziger SPD-Parteitags am 15. November 2013 über den Edathy-Fall und die Kenntnis der SPD-Spitze davon informiert worden zu sein. Dieser Zeuge berichtete, er habe beobachtet, wie Hartmann anschließend mit Edathy gesprochen habe. Hartmann sei dann zu ihm zurückgekommen, habe ihm zu verstehen gegeben, dass Edathy nun Bescheid wisse, und ihm Stillschweigen abverlangt. Ein weiterer Zeuge, der Präsident des Mainzer Landeskriminalamtes, hatte von Versuchen Hartmanns berichtet, von ihm etwas herauszubekommen über den strafrechtlichen Umgang mit den Ermittlungsverfahren aus der polizeilichen Operation, in deren Rahmen Edathy aufgeflogen war. Bisher hatte Hartmann bestritten, sich mit dem Ermittlungsverfahren gegen Edathy überhaupt befasst zu haben.
Aussageverweigerung
Angesichts dieser Lage und drohender Ermittlungsverfahren wegen möglicherweise uneidlicher Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss und möglicherweise versuchter Strafvereitelung wusste Hartmann sich bei seiner Zeugenaussage am 5. Februar 2015 offenbar nicht mehr anders zu helfen als durch Berufung auf sein Recht zur Aussageverweigerung. Rechtsstaatlich selbstverständlich und zu akzeptieren ist dabei, dass sich niemand durch Aussagen selbst belasten muss.
Der Untersuchungsausschuss ist aber kein Gericht, vor dem eine zulässige Aussageverweigerung nicht zu Lasten des Aussagenden geht, sondern ein in der Verfassung verankertes politisches Aufklärungsinstrument. Deshalb bedeutet Hartmanns Aussageverweigerung zugleich Verweigerung der weiteren politischen Aufklärung der Edathy-Affäre und dient dem möglichen Schutz der SPD-Spitze vor unangenehmen Fragen. Solche bestehen insbesondere gegenüber dem damaligen parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion und derzeitigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann.
Große Koalition verzögert Aufklärung
Anstatt diesen Fragen sogleich durch Befragung der SPD-Spitze weiter nachzugehen, hat die Regierungsmehrheit im Untersuchungsausschuss jetzt beschlossen, zunächst mit der Vernehmung von Behördenmitarbeitern zu einem anderen Untersuchungskomplex fortzufahren. Bereits zuvor hatte die große Koalition verhindert, Hartmann am 29. Januar 2015 als im Bundestag ja präsentem Zeugen unmittelbar mit den ihn belastenden Zeugenaussagen zu konfrontieren. Gleichermaßen lehnt die Mehrheit grundsätzlich die im Untersuchungsausschussgesetz ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Gegenüberstellung von Zeugen ab.
SPD-Spitze muss Schriftverkehr zu Edathy herausgeben
Nachdem die große Koalition auf den Antrag der Bundestagsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zunächst hinhaltend reagiert hatte, den Schriftverkehr der SPD-Spitze mit und über Edathy herauszugeben, sah sich nun die SPD-Fraktion gezwungen zu Protokoll zu geben, dass der Schriftverkehr dem Ausschuss „freiwillig“ vorgelegt wird. Von dem Herausgabeverlangen ausgenommen sind selbstverständlich Informationen mit streng persönlichem Charakter ebenso wie zu schützende Daten und Rechte Dritter.