Sicherheitskonzeption des G20-Gipfels in Hamburg
Kleine Anfrage der Abgeordneten Irene Mihalic, Konstantin von Notz, Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Der G20-Gipfel in Hamburg war von Beginn an von gewaltvollen Ausschreitungen mit vielen Hunderten Verletzten bei Einsatzkräften der Polizei, Rettungskräften und Demonstranten sowie massivsten Sachbeschädigungen und anderen schweren Straftaten begleitet. Die vielfach rund um den Gipfel völlig friedlichen Ausübungen des zu gewährleistenden Versammlungsgrundrechts wurden durch diese Gewaltkriminalität erheblich beeinträchtigt und in Misskredit gebracht. Die Politik steht in der Verantwortung, die Vorgänge detailliert aufzuarbeiten. Es ist zu klären, warum die Bundesregierung gerade Hamburg allen bekannten Problemkonstellationen und früher Warnungen der Sicherheitsbehörden zum Trotz als Austragungsort des Gipfels ausgewählt hat. Noch im Juni antwortete die Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 18/12734), Hamburg sei ausgewählt worden, weil „die Hamburger Messe besonders günstige Bedingungen“ biete, „um logistische und sicherheitstechnische Anforderungen an einen G20-Gipfelort zu erfüllen.“ Die Polizei in Hamburg werde „den sicheren Ablauf des Gipfels, den Schutz der Bevölkerung und das Recht auf Versammlungsfreiheit garantieren“. Diese Einschätzung wurde durch die schlimmen Ereignisse rund um den Gipfel widerlegt. Sie ist umso erstaunlicher, als bereits der Verfassungsschutzbericht 2016 auf mehreren Seiten (S. 103, 118, 125 ff., 129) von langfristigen strategischen Planungen linksextremistischer Gruppierungen berichtet, aus denen klar hervorgeht, dass Hamburg während der Gipfeltage mit Gewalt überzogen werden soll.
Neben der Frage der Auswahl des Gipfelortes muss vor allem auch die gesamte Sicherheitskonzeption nebst Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden genau untersucht werden, um die Schwachstellen zu ermitteln. Es muss das Ziel Aller sein, bei ähnlichen Veranstaltungen zukünftig außer den Staatsgästen auch der Bevölkerung, den Einsatzkräften und den friedlichen Demonstranten sowie den Medienvertretern einen besseren Schutz zu gewährleisten. Außerdem wird es um die Höhe des Schadens gehen und vor allem auch die drängende Frage, in welcher Form die von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zugesagten Entschädigungen geleistet werden.
In der Bilanz bleibt festzuhalten: Beim G20-Gipfel in Hamburg gab es die höchste Zahl an Einsatzkräften in der Geschichte solcher Einsätze. Trotzdem beklagen wir die Gewalt und schwere Straftaten in einigen Stadtteilen. Die Anzahl der Festnahmen in Relation zu den Straftätern ist eher gering. Die 13 Festgenommenen aus dem Haus Schulterblatt 1 wurden inzwischen wieder aus der Haft entlassen. Es gab Polizeibeamte, die bis über die Erschöpfungsgrenze hinaus eingesetzt wurden und massiven Angriffen ausgesetzt waren. Es gab Repressalien gegen Journalisten und Rechtsanwälte sowie Übergriffe gegen Demonstrantinnen und Demonstranten sowie Anwohnerinnen und Anwohner. Die Einsatztaktik hat sich nach Ansicht der Fragesteller als extrem unflexibel erwiesen, so dass angesichts der wechselnden Lagen nicht adäquat reagiert werden konnte. Einen hundertprozentig reibungslosen Ablauf hat niemand erwartet, aber der Polizeieinsatz beim Hamburger G20-Gipfel wird nicht als Erfolg gewertet werden können.