Kleine Anfrage: Nicht vollstreckte Haftbefehle als Gefahr für die innere Sicherheit 2018
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Irene Mihalic, Luise Amtsberg, Canan Bayram, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 19/2576 –
Vorbemerkung der Fragesteller
Die am 8. Mai 2018 vorgestellte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) belegt ebenso wie die Statistik zur Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) ein im Vergleich zum Vorjahr geringeres polizeilich registriertes Gesamtstraftatenaufkommen. Im Rahmen der PKS sind dabei – trotz gestiegener Aufklärungsquote im Vergleich zum Vorjahr – polizeilich auch weniger Fälle aufgeklärt und weniger Tatverdächtige ermittelt worden. Die Leistung der Polizeibehörden bemisst sich jedoch nicht nach den Zahlen der PKS allein. Auch die Entwicklung der Zahl der nicht vollstreckten Haftbefehle ist neben anderen Faktoren ein indirekter Indikator für die Arbeit der Polizeibehörden (vgl. Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/12660). Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang auch der durch das Bundeskriminalamt seit Ende des Jahres 2012 bzw. 2011 turnusmäßig stattfindenden Erhebungen der offenen Haftbefehle politisch motivierter Straftäter für alle Phänomenbereiche der PMK zu (vgl. Bundestagsdrucksache 18/8572).
Vorbemerkung der Bundesregierung
Die seit Ende des Jahres 2012 durch das Bundeskriminalamt (BKA) in einem Halbjahresrhythmus durchgeführte Erhebung der offenen Haftbefehle politisch motivierter Straftäter in allen (Phänomen-)Bereichen der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) ermöglicht es den Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern, eine weitere als relevant einzustufende Personengruppe anhand eines dreistufigen Priorisierungsmodells zu bewerten, um gezielt und erfolgreich Maßnahmen zu initiieren.
Für den Phänomenbereich PMK -rechts- erfolgt die Erhebung bereits seit Ende 2011. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Ergebnis der Erhebung der offenen Haftbefehle politisch motivierter Straftäter um eine Momentaufnahme zum jeweiligen Stichtag handelt. Im Zeitraum zwischen den Erhebungstichtagen erlassene Haftbefehle können zum Stichtag bereits vollstreckt sein oder sich anderweitig erledigt haben und sind demnach nicht Bestandteil der Erhebung.
Zweck der halbjährlich durchgeführten Erhebung ist, den Sicherheitsbehörden im Bund und in den Ländern eine zum jeweiligen Stichtag aktuelle Übersicht von Grundinformationen zu Fahndungen nach Personen zur Verfügung zu stellen, wenn diese mindestens den Status eines Verdächtigen im Bereich der PMK haben oder wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden (vgl. § 18 Absatz 1 Nummer 4 BKAG) und ein offener Haftbefehl besteht.
Die bundesweite Befassung mit dem festgestellten Personenpotential erfolgt insbesondere in den Arbeitsgruppen des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums (GETZ) sowie des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ). Durch den kontinuierlichen bundesweiten Informationsaustausch im GTAZ und in den Foren des GETZ ist eine Verbesserung der Erkenntnislage zu verzeichnen.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Vollstreckung der offenen Haftbefehle insbesondere den Polizeien der Länder obliegt. Das BKA unterstützt die zuständigen Stellen im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion (§ 2 BKAG) und bietet z. B. regelmäßig die Unterstützung der Fahndungsdienststellen der Länder durch die Zielfahndung des BKA an. Vor diesem Hintergrund ist zu berücksichtigen, dass eine Aufschlüsselung des Erhebungsergebnisses nach datenbesitzenden Stellen – Landeskriminalämter (LKÄ), Bundespolizei (BPOL), Zollkriminalamt (ZKA) bzw. Bundeskriminalamt (BKA) – zu statistischen Zwecken entsprechend der im Rahmen des Arbeitskreises II – Innere Sicherheit erarbeiteten Vorgaben nicht vorgesehen ist. Weitere, über die nachstehenden Informationen hinausgehende Auskünfte zu den betreffenden Haftbefehlen werden durch das BKA nicht erteilt, da hierdurch z. B. Rückschlüsse auf die gesuchten Personen möglich sind und der Zweck der Ausschreibung – die Festnahme der jeweiligen Person – möglicherweise gefährdet wäre.