Auszug aus der Niederschrift vom 18.01.2024
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte heute aus einer sehr persönlichen Perspektive zu Ihnen sprechen. Denn als ich vor zehn Jahren Mitglied des Deutschen Bundestages wurde, kam ich mit sehr klaren Vorstellungen in die grüne Bundestagsfraktion. Als Polizeibeamtin mit 20 Dienstjahren wollte ich meine Erfahrungen in die grüne Innenpolitik hineintragen. Brücken zu bauen, dem Anspruch gerecht zu werden, Sicherheitspolitik und Bürgerrechte miteinander zu verbinden und gleichzeitig das Vertrauen in unsere Sicherheitsbehörden zu stärken, das waren und das sind bis heute meine Ziele. Deshalb gehörte zu den allerersten Ideen die Einführung eines unabhängigen Polizeibeauftragten beim Deutschen Bundestag. Und heute, zehn Jahre später, ist es endlich so weit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Heute gehen wir diesen wichtigen Schritt für die Polizistinnen und Polizisten der Polizeien des Bundes und für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.
Vor zehn Jahren gab es in unserem Land noch keine vergleichbare Stelle. Aber inzwischen haben wir in acht Bundesländern Bürger- und Polizeibeauftragte, und ab heute nun endlich auch im Bund. Polizistinnen und Polizisten, Bürgerinnen und Bürger haben nun die Möglichkeit, sich vertrauensvoll direkt – ohne Einhaltung des Dienstweges und ohne vorher andere Stellen konsultieren zu müssen – an den Polizeibeauftragten oder die Polizeibeauftragte zu wenden. In den Bundesländern sehen wir bereits, welch wichtige Arbeit hier geleistet wird.
Entgegen allen Unkenrufen und allem Gerede über Generalverdacht, die auch hier im Parlament immer wieder geäußert werden: Die Polizeibeauftragten haben sich bewährt, sie genießen hohes Vertrauen bei der Polizei und bei den Bürgerinnen und Bürgern. So wie die Wehrbeauftragte sich des Vertrauens der Truppe sicher sein kann, wird auch der Polizeibeauftragte im Bund eine wichtige Funktion einnehmen. Wir schaffen damit mehr Vertrauen und nicht weniger, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Ich selbst habe viele Jahre im Polizeidienst gearbeitet. Ich schätze meine früheren Kolleginnen und Kollegen, und ich weiß vor allem die herausragende und anstrengende Arbeit, die sie jeden Tag für die Sicherheit unseres Landes leisten, sehr zu würdigen. Doch wenn rechtsextreme, rassistische und antisemitische Vorfälle bekannt werden – und ja, leider sind einige davon in der Vergangenheit bekannt geworden – und sich häufen, dann müssen wir uns dem stellen, meine Damen und Herren. Dann ist es Zeit, Strukturen zu schaffen, die dem effektiv begegnen können. Das hat nichts mit Vorverurteilungen oder Misstrauen zu tun. Nein, das hat etwas mit Verantwortung zu tun, meine Damen und Herren,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Verantwortung für die übergroße Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten, deren Ansehen durch solche Fälle massiv belastet wird. Das wollen und das können wir nicht akzeptieren, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Lukas Köhler (FDP))
An die Union gerichtet, kann ich nur sagen: Blicken Sie einmal in die Länder, Herr Hoppenstedt, und schauen Sie sich die wichtige Arbeit der Polizeibeauftragten dort an!
(Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): Wir hören auf die beiden Gewerkschaften! Schräger Vergleich!)
Denn aus Prinzip dagegen zu sein oder aus anderen Gründen, die Sie hier gerade vorgetragen haben, die mit der Sache an sich nichts zu tun haben, halte ich für keine kluge Idee.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manuel Höferlin (FDP))
Den Gesetzentwurf aus der ersten Lesung haben wir nach der Anhörung im Innenausschuss weiter verbessern können. Eingaben sind nun bis zu sechs Monate nach Bekanntwerden des entsprechenden Vorfalls möglich.
(Michael Brand (Fulda) (CDU/CSU): Beide Gewerkschaften sind gegen den Polizeibeauftragten!)
Der Polizeibeauftragte kann nun neben den Betroffenen zusätzlich Dritte anhören, um Eingaben besser bearbeiten zu können.
Außerdem stellen wir sicher, dass der Polizeibeauftragte kein zahnloser Tiger wird. Wir haben die Möglichkeit der Parallelität von Untersuchungen durch den Polizeibeauftragten zu laufenden Straf- und Disziplinarverfahren konkretisiert: Auch wenn sich kein Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft herstellen lässt, kann der Polizeibeauftragte seine Untersuchungen durchführen, solange das Ermittlungsverfahren nicht gefährdet wird. Ich gehe davon aus, dass in der Regel ein kollegiales Einvernehmen hergestellt werden kann, so wie es übrigens in den Ländern stets der Fall ist. Auch da ist nichts zu befürchten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Durch die Anbindung an den Deutschen Bundestag – das ist ja hier eben problematisiert worden – stärken wir auch die parlamentarische Kontrolle der Ausübung des Gewaltmonopols im Innern. Durch die Berichte und die Möglichkeit, den Polizeibeauftragten in den Innenausschuss zu laden, erhalten wir als Gesetzgeber einen tiefen und vor allen Dingen ungefilterten Einblick. Kollege Hartmann hat eben darauf hingewiesen, dass wir sonst immer nur interessengeleitete, parteiische oder gefärbte Sichtweisen zu bestimmten Vorfällen erleben. Aber durch den ungefilterten Einblick haben wir doch die Möglichkeit, neutral auf mögliche Probleme und Herausforderungen der täglichen polizeilichen Arbeit zu blicken. Damit stärken wir auch dieses Parlament, meine Damen und Herren.
Ich freue mich deshalb, dass wir heute diesen wichtigen Schritt für mehr Transparenz, eine verbesserte Fehlerkultur und Bürgerrechte gehen. Wir haben uns sehr lange für dieses Vorhaben starkgemacht. Und wie ich eingangs sagte, ist daher heute auch für mich persönlich, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, ein sehr guter Tag.
Danken möchte ich ganz ausdrücklich meinen Kollegen Berichterstattern von der SPD und von der FDP, Sebastian Hartmann und Manuel Höferlin, für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Es war mir eine Freude und Ehre. Gemeinsam legen wir hier ein sehr gutes Gesetz vor, das dazu beitragen wird, das Vertrauen in die verdienstvolle Arbeit unserer Polizeien zu stärken. Deshalb ist heute ein guter Tag für die Polizei und für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)