Erste Parlamentarische Geschäftsführerin | Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rede zur persönlichen Eignung nach dem Waffengesetz

Aus der Niederschrift am 04.03.2021

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Vor knapp zwei Wochen haben wir der Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau gedacht. Zehn Menschen wurden erschossen, und das mit Waffen, die der Attentäter legal besaß. Oder denken wir noch mal an den sechsfachen Mord von Rot am See, wenige Wochen vor dem Anschlag in Hanau. Und trotzdem war die Bundesregierung bei der letzten Waffenrechtsnovelle, kurz nach diesen Ereignissen, nicht bereit, das Waffenrecht an entscheidender Stelle nachzuschärfen.

Der Hinweis auf den Vollzug ist richtig, Martina Renner. Auch im Vollzug des bestehenden Waffenrechts muss sich noch eine ganze Menge verbessern; da sind wir uns völlig einig. Aber wir müssen doch auch die Sicherheitslücken, die sich im Waffenrecht immer noch auftun, endlich konsequent schließen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei ist völlig klar: Die allermeisten Legalwaffenbesitzer sind sehr verantwortungsbewusst. Das stellt hier auch niemand infrage. Aber die wenigen, die es nicht sind, sind ein Problem. Selbstverständlich kann man niemandem in den Kopf gucken; aber wir müssen doch alles tun, um die persönliche Eignung von Waffenbesitzern umfassender und häufiger zu prüfen.

Der Mörder von Rot am See hat seine Tat sehr, sehr lange geplant. Er ist einem Schützenverein beigetreten, um an eine Waffe zu kommen, nicht um Sport zu treiben. Bei ihm wurde später, nach der Tat, eine schizoide Persönlichkeitsstörung festgestellt. Diese hätte man womöglich bei einer wiederholten Eignungsprüfung feststellen können.

Noch eklatanter ist es beim Attentäter von Hanau gewesen. Obwohl polizeiliche Erkenntnisse vorlagen und obwohl er psychisch auffällig war, bekam er eine waffenrechtliche Erlaubnis, und zwar auch – davon bin ich überzeugt -, weil er aufgrund seines Alters eben kein psychologisches Gutachten brauchte; denn aktuell müssen nach § 6 Absatz 3 Waffengesetz nur Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, einmalig ein fachpsychologisches Zeugnis vorlegen. Wir sagen: Das ist eindeutig zu wenig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Konstantin Kuhle (FDP): Warum steht es dann im Antrag nicht drin?)

Wir wollen, dass alle, die eine waffenrechtliche Erlaubnis anstreben, ihre psychische Eignung nachweisen müssen, egal ob sie 18 oder 75 Jahre alt sind. Das kann doch nicht vom Alter abhängen! Solche Eignungsprüfungen müssen häufiger wiederholt werden, um Veränderungen rechtzeitig feststellen zu können. Unser Anspruch muss es doch sein, Personen, die eindeutig nicht geeignet sind, Waffen zu besitzen, besser zu erkennen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ralph Lenkert (DIE LINKE))

Kurz nach dem Anschlag von Hanau hat der Bundesinnenminister sich übrigens auch für regelmäßige psychologische Überprüfungen ausgesprochen. So kennt man es aber leider von Horst Seehofer, und das ist schon ein bisschen ein Stilmittel: gerade nach solchen Ereignissen erst wortreich das Richtige fordern, um es danach aktiv wieder zu vergessen. Gegen dieses aktive Vergessen legen wir ihm heute unseren Antrag vor; denn wir haben seitdem nichts Konkretes mehr von ihm gehört.

Als wir unseren Antrag im Innenausschuss beraten haben, war ich übrigens positiv überrascht, dass auch die Bundesregierung in Aussicht gestellt bzw. angekündigt hat, das Ganze vielleicht doch noch mal prüfen zu wollen, und so etwas wie eine Bereitschaft signalisiert hat, bei der persönlichen Eignung vielleicht doch noch mal gesetzlich nachzuschärfen.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wenn es Ihnen damit ernst ist, und wenn Sie wirklich dazu bereit sind, dann haben Sie jetzt die Gelegenheit, das hier auch zu zeigen. Deswegen bitte ich Sie herzlich, unserem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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