Kleine Anfrage: Entwicklung der italienischen Mafiakriminalität in Deutschland 2017/2018
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Canan Bayram, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 19/3801 –
Vorbemerkung der Fragesteller
Mit ihrer Kleinen Anfrage vom 24. Juli 2017 hat die fragestellende Fraktion zuletzt das Thema italienische organisierte Kriminalität (IOK) in Deutschland angesprochen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/13198). Das am 1. August 2018 veröffentlichte Bundeslagebild organisierte Kriminalität zeigt außerdem, dass sich die Anzahl der Verfahren und das Bedrohungspotenzial der organisierten Kriminalität (OK) weiterhin auf einem hohen Niveau befinden (Bundeskriminalamt – BKA, Bundeslagebild 2017, Organisierte Kriminalität). Demnach haben die klassischen Kriminalitätsschwerpunkte der OK (IOK, russisch-eurasische organisierte Kriminalität sowie die Rockerkriminalität) weiterhin eine hohe Bedeutung. Die fragestellende Fraktion nimmt die Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/13320 daher zum Anlass, noch einmal bei der Bundesregierung nachzufragen.
Vor allem die Ausbreitung der ’Ndrangheta wird seit längerem als ein großes Problem gesehen (Nicola Gratteri: „Für Mafiosi ist die Grenze kein Problem“, Zeit-Online, 21. Juli 2017), denn die ’Ndrangheta steht im Verdacht, den Großteil des Kokainhandels nach und innerhalb Europas zu verantworten. Diese besondere Stellung soll die kriminelle Organisation inzwischen zur mächtigsten Mafia-Organisation in Europa gemacht haben („Die ’Ndrangheta ist unter uns“, ZEIT ONLINE, 3. März 2018). Dabei werden nach Schätzungen Umsätze von jährlich 50 Mrd. Euro erzielt, die weltweit reinvestiert und „gewaschen“ werden („Die einflussreichste Mafia weltweit“, Neue Zürcher Zeitung, 2. März 2018). Nicht zuletzt jüngste Polizeiaktionen zeigen, dass frühere Warnungen der italienischen Sicherheitsbehörden gerechtfertigt waren:
So sorgte im Frühjahr 2018 die koordinierte Polizeioperation „Styx“ gegen die ’Ndrangheta für Aufmerksamkeit, bei der rund 170 Personen in Italien und Deutschland verhaftet und insgesamt rund 50 Mio. Euro beschlagnahmt wurden. In Deutschland wurden elf Personen in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen festgenommen. Den Beschuldigten wird Erpressung und Geldwäsche vorgeworfen. Sie sollen Gastronomen unter Gewaltandrohung dazu gezwungen haben Lebensmittel und Wein aus Kalabrien in minderwertiger Qualität und zu überhöhten Preisen abzunehmen („Razzia bei den Weißkragen der Mafia“, Süddeutsche Zeitung, 9. Januar 2018). Ein weiterer Fahndungserfolg gelang dem BKA bereits im Juni 2017, als ein hochrangiges Mitglied der Cosa Nostra in Köln verhaftet werden konnte („Organisiertes Verbrechen im Rheinland – Köln ist eine Mafia-Hochburg“, Kölner Stadt-Anzeiger, 17. Mai 2018).