Zum Antrag: Mehr Sicherheit durch weniger Waffen
Aus dem Protokoll vom 10.3.2017
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! „Nun ist es endlich so weit“, will man spontan sagen. Endlich befasst sich die Koalition einmal mit dem Waffengesetz.
Anschläge überall in Europa, Amokläufe, Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, Reichsbürger mit ganzen Waffenarsenalen im Keller – überall zeigt sich: Es gibt bestimmte Menschen und Gruppierungen, deren verbrecherische Pläne darauf gründen, dass der Zugang zu Waffen und Sprengstoffen immer noch viel zu leicht ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber die Bundesregierung hat jahrelang nichts getan, um den Zugang zu Waffen zu erschweren. Sie diskutieren hier lieber über Fußfesseln oder – so wie gestern – über Burkaverbote, anstatt ganz praktisch für mehr öffentliche Sicherheit zu sorgen. Diese Wurstigkeit ist kaum noch auszuhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sicherheitsrisiko GroKo!)
Nun haben Sie einen Gesetzentwurf vorgelegt. Aber gleich im zweiten Satz des Gesetzentwurfes steht die eigentliche Kernaussage; dort heißt es nämlich: „Eine systematische Verschärfung ist nicht erforderlich.“ Mit Ihrem Entwurf nehmen Sie die Interessen der Waffenlobby also gleich vorweg. Diese hat ja in dieser Woche allen Mitgliedern des Innenausschusses noch eine nette Karte geschrieben mit der klaren Ansage: Parteien, die das Waffenrecht verschärfen, werden wir nicht wählen. – Ich kann Sie da beruhigen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition: Mit dem, was Sie hier vorlegen, ist Ihre Wählbarkeit bei dieser Klientel garantiert nicht gefährdet.
(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ihre Nachgiebigkeit geht aber zulasten der waffenlosen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, nur weil die anderes zu tun haben, als permanent bei Ihnen für ihre Interessen einzutreten. Das ist eine völlige Verkehrung Ihrer Regierungsverantwortung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vieles in Ihrem Gesetzentwurf ist ja nicht grundlegend falsch. Das will ich hier an dieser Stelle auch einmal sagen.
(Beifall des Abg. Michael Frieser (CDU/CSU) – Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Oh!)
– Ja, da können Sie ruhig einmal applaudieren.
(Michael Frieser (CDU/CSU): Man nimmt alles, was man kriegen kann! Es ist nicht alles falsch)
Feuerwaffen sollen bei der Deaktivierung unbrauchbar gemacht werden, eine befristete Amnestie soll Bürgerinnen und Bürger dazu ermutigen, Waffen und Munition, für die sie keine Erlaubnis haben, abzugeben.
(Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Sehr vernünftig!)
Das ist alles gut und richtig und sehr vernünftig. Aber schon bei der dringend erforderlichen Neuregelung zur Aufbewahrung von Schusswaffen werden Sie windelweich. Sie gewähren großzügigsten Bestandsschutz, und geht es nach der CSU, dann sollen am besten auch noch Kinder und Enkelkinder Opas ollen Waffenschrank weiterbenutzen dürfen. Das verstehe, wer will – ich kann es nicht nachvollziehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es fällt einfach auf, liebe Kolleginnen und Kollegen gerade von der Union, dass es Ihnen unheimlich leicht fällt, für all Ihre Placebogesetze – diese Woche sind ja davon wieder einige am Start – die Axt an die Bürgerrechte zu legen; das ist alles überhaupt gar kein Problem für Sie. Aber geht es um Waffenbesitzer, dann sind Sie plötzlich die Garanten der Freiheit,
(Beifall der Abg. Ulla Jelpke (DIE LINKE))
als wären Waffenbesitzer Superbürger und ihre Interessen Supergrundrechte. So ist es aber nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Waffen stellen eine potenzielle Gefahr für Leib und Leben der Menschen dar, und dementsprechend gilt es, hochsensibel mit dem Thema privater Waffenbesitz umzugehen. Diesem Befund trägt unser Antrag Rechnung, den wir vor allem mit Blick auf die aktuellen Gefahrenlagen unserer Zeit hier heute vorlegen. Wir sagen, wir brauchen endlich konsequente Regeln für die getrennte Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition in Privathaushalten.
(Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Gibt es doch schon!)
Wir müssen dringend sicherstellen, dass schussfähige Waffen nicht in falsche Hände geraten, und wir brauchen regelmäßige Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfungen für Waffenbesitzer.
(Oswin Veith (CDU/CSU): Gibt es schon! – Michael Frieser (CDU/CSU): Haben wir alles!)
Dagegen haben Sie auf EU-Ebene ganz lange heftig mobilisiert.
Wir brauchen endlich eine Regelung, die gewährleistet, dass relevante Informationen der Sicherheitsbehörden schon bei der Antragsprüfung hinreichend berücksichtigt werden und an die zuständigen Waffenerlaubnisbehörden weitergeleitet werden. Wir haben laut Verfassungsschutzpräsident Maaßen 700 Reichsbürger, die in Waffen stehen. Da wäre eine Prüfung vor Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis sehr hilfreich gewesen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Jelpke (DIE LINKE) – Michael Frieser (CDU/CSU): Wie im bayerischen Innenministerium!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen endlich eine Reform des Waffenrechts, die den Zugang zu Waffen und Munition deutlich erschwert. Ihr Gesetzentwurf trägt diesem Ansinnen leider in keiner Weise Rechnung. Wenn Sie unter dem Punkt Alternativen „Keine“ schreiben, dann entspricht das vielleicht dem Merkel’schen Politikstil, aber eben nicht der Wahrheit. Eine Alternative zeigen wir Grünen mit unserem Antrag auf und stellen ihn hier zur Abstimmung.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)