Liebe Leserinnen und Leser,
in wenigen Tagen endet ein Jahr, das es in sich hatte. Es war geprägt von Gewalt. Kriege, Fanatismus und Verfolgung haben dazu geführt, dass auf der Welt so viele Menschen auf der Flucht sind, wie noch nie zuvor. 60 Millionen Menschen waren gezwungen, ihre Heimat ins Ungewisse zu verlassen.
Ein Teil von ihnen ist auch nach Deutschland gekommen. Wir haben in diesem Jahr als Gesellschaft hautnah mitbekommen, dass wir in der Mitte Europas nicht auf einer Insel der Glückseligen immun gegen die zum Teil sehr brutalen Umbrüche der Weltpolitik sind. Diese Situation stellt uns vor große Herausforderungen.
Wir müssen zusätzlichen Wohnraum beschaffen, für Integration sorgen und diese Gesellschaft zusammenhalten. Und das ist nicht so einfach. Denn am rechten Rand wird gezündelt. Als der stellvertretende AfD-Vorsitzende Gauland vor einigen Tagen gesagt hat, dass die große Zahl der Flüchtlinge in Deutschland ein Geschenk für seine Partei seien, war das ein Moment zynischer und menschverachtender Ehrlichkeit.
Diese Leute wollen, als Krisenprofiteure, den Hass und Unmut eines Teiles unserer Bevölkerung in Parlamentssitze umwandeln. Dabei schüren sie Hass gegen die, die vor Krieg und Verfolgung zu uns geflohen sind. Dieser Hass manifestiert sich in einer immer größer werdenen Zahl von Angriffen auf Flüchtlinge, ihre Helfer*innen und Unterkünfte.
Dem müssen wir auch im kommenden Jahr entgegentreten. Ich wünsche uns allen dafür viel Kraft. Zunächst wünsche ich aber eine erholsame und friedliche Weihnachtszeit. Und einen guten Rutsch nach 2016.
Irene Mihalic
Rechtsterrorismus und NSU – Aufklären und sich für die Gegenwart wappnen
Relativ
früh im Jahr hatten wir uns ja bereits dafür ausgesprochen, einen neuen Untersuchungsausschuss zum NSU einzurichten. Schon damals hat uns nicht allein die historische Aufarbeitung umgetrieben, sondern die aktuelle Situation rund um die zunehmende Gewalt von rechts. Wie auch die
Antwort auf unsere Kleine Anfrage zum Verfassungschutzbericht 2014 dokumentiert, gibt es nämlich seitens der Bundesregierung und vor allem des Verfassungsschutzes immer noch ein
erschreckendes Analysedefizit was die Wahrnehmung der Entwicklungen im Rechtsextremismus angeht. Das ist auch mit Blick auf die massive Anschlagswelle auf Flüchtlingsunterkünfte vor allem im Sommer und Herbst dieses Jahres ein untragbarer Zustand.
Unfassbar ist in diesem Zusammenhang auch, dass Anschläge mit offensichtlichem rechtsextremistischem Hintergrund von Seiten der Behörden nicht als solche eingestuft werden. Das geht aus der
Antwort auf eine mit meiner Kollegin Monika Lazar gestellten Anfrage hervor, genau wie die aktuellen Zahlen zu Anschlägen auf Flüchtlinge, deren Unterkünfte sowie Bürgerinnen und Bürger, die sich für Flüchtlinge einsetzen.
Man sieht also, es gibt genug Stoff für den neuen Untersuchungsausschuss, in dem ich mich als
Obfrau der Grünen Fraktion engagieren werde. Unser Fokus liegt, wie ich auch in meiner
Bundestagsrede zur Einsetzung dargelegt habe, bei der Untersuchung der Rolle des Verfassungsschutzes und seiner V-Leute – damals und heute.
Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben haben in Ihren Aussagen vor dem Münchener Oberlandesgericht keinen Beitrag zur Aufklärung geleistet. Ihre Beiträge haben nur noch einmal den Netzwerk-Charakter des NSU vor Augen geführt. Genau dieses Netzwerk wollen wir nun in der verbleibenden Zeit der 18. Wahlperiode näher beleuchten, darin hat uns auch die einführende öffentliche Anhörung am 16. Dezember bestärkt.
Anschläge vom 13. November 2015 in Paris
Am 13. November wurden in Paris 130 Menschen getötet und mehr als 350 Menschen verletzt. Kurz darauf fand die BKA-Herbsttagung statt und wir erfuhren, dass es seitens der Bundesregierung weiter keine nationale Präventionsstrategie gegen den gewaltbereiten Islamismus gibt. Das hat sich bis zum heutigen Tag nicht geändert. Dies ist auch besorgniserregende, weil die Attentäter von Paris in Frankreich und Belgien augewachsen sind. Sie haben sich in der Mitte unserer Gesellschaft radikalisiert:
Die Fraktion hat die Anschläge vom 13. November zum Anlass genommen ihre Position gegen Terror und eine Politik des Ressentiments zu erklären, und für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit einzutreten:
Die im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 13. November aus CDU-Kreisen erhobene Forderung, die Bundeswehr zukünftig auch im Inland einzusetzen, haben Dr. Konstantin von Notz und ich zurückgewiesen:
Eine Woche vor den Anschlägen vom 13. November wurde im Bundestag über die Terrorismusbekämpfungsgesetzte diskutiert. Dabei habe ich die Auffassung vertreten, dass der tatsächliche Nutzen der bestehenden Gesetze bisher nicht nachgewiesen ist. An dieser Auffassung halte ich fest. Denn alles was wir inzwischen über die Anschläge wissen, deutet in dieselbe Richtung: Es gab Anzeichen im Vorfeld und bei einer Vielzahl von staatlichen Stellen waren relevanten Informationen zu den Tätern vorhanden. Daraus wurden nur nicht die richtigen Schlüsse gezogen.
In dieselbe Richtung geht die Überlegung, ob die Erkenntnisse, die der Fall der zwei in Oberursel festgenommenen mutmaßliche Terroristen, die sich in einem Baumarkt eine größere Menge Wasserstoffperoxid beschaffen konnten, im Sinne der Prävention genutzt werden können. Die Kleine Anfrage dazu hat Schwächen in der Behandlung der Thematik durch die Bundesregierung deutlich gemacht:
Aktuelle Situation bei der Bundespolizei
Mitte Oktober haben wir die aktuelle Situation bei der Bundespolizei im Rahmen einer Kleinen Anfrage abgefragt. So haben wir erfahren, dass aufgrund der Grenzkontrollen allein zwischen dem 13. September und dem 16. Oktober 2015 bei der Bundespolizei 500.000 Überstunden angefallen sind.
Es ist daher sehr zweifelhaft, ob das zusätzliche Personal, das die Bundesregierung im September für die Bundespolizei in Aussicht gestellt hat, zur Terrorabwehr eingesetzt wird. Das hatte ich insbesondere im Frühjahr 2015 gefordert und halte es weiter für richtig:
Zuvor hatten wir im Rahmen einer weiteren Kleinen Anfrage Informationen über mögliches disziplinar- und strafrechtlich relevantes Verhalten von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes und des Zollkriminalamtes bzw. der Zollfahndungsämter gesammelt:
Auch ein Thema, dass das Personal der Bundespolizei betrifft, ist der aktuelle Einsatz der Bundespolizei in Saudi-Arabien. Die klare Position dazu lautet, dass dieser Einsatz schnellstmöglich beendet werden sollte. Auch dazu gab es eine Kleine Anfrage:
Abschluss des Untersuchungs- ausschusses zu BKA und Informationsweitergaben an Sebastian Edathy
Nach 18 Monaten intensiver Arbeit haben wir mit der Bundestagssitzung vom 4. Dezember den zweiten Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode abgeschlossen.
In meiner Rede habe ich die zentralen Erkenntnisse noch einmal herausgearbeitet und noch einmal betont wie wichtig die Arbeit war. Wir konnten viele praktische Fragen über den Umgang mit einem Umfangsverfahren beim BKA klären.
Wir konnten ermitteln, dass der ehemalige BKA-Chef Jörg Ziercke rechtsbrüchig handelte, weil er die niedersächsische Staatsanwaltschaft nicht von der Informierung der SPD-Spitze über Edathys Auftauchen auf der „Kundenliste“ informierte, als er davon Kenntnis erhielt. Das wurde uns
durch ein Rechtsgutachten bestätigt Zudem steht für uns fest, dass Sebastian Edathy konkret vor möglichen Ermittlungen gegen ihn gewarnt wurde, nämlich durch Michael Hartmann.
Das haben am Ende 6 Zeugen bestätigt, nur Michael Hartmann hat das anders gesehen. Leider hat die große Koalition in ihren Abschlussbewertungen genau diese Erkenntnis trotz ihrer Evidenz ausgeblendet ganz im Sinne eines SPD-Schutzes Das widerspricht natürlich dem parlamentarischen Aufklärungsgedanken. Wir haben daher unsere Erkenntnisse gemeinsam mit den Linken in eine eigenen Bewertung einfließen lassen, die neben dem von allen Fraktionen getragenen Feststellungsteil Teil des Gesamtberichtes wurden.
Einsatz im Revier
Der Bundestag in Gelsenkirchen
Vom 7. bis 12. Dezember gastierte eine Wanderausstellung des Deutschen Bundestages im Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen. Auf mehreren Schautafeln, Monitoren und zahllosen Infomaterialien konnten interessierte Menschen einiges über die Arbeit des Bundestages und die parlamentarische Demokratie in Deutschland lernen.
Als einladende Abgeordnete durfte ich eine Rede zur Eröffung halten. An dieser haben auch Schüler*innen des Schalker Gymnasiums teilgenommen. Die Rede und einen Link zu einem Artikel der WAZ zur Eröffnung sehen
auf meiner Website.