Rede in einer Aktuellen Stunde zu Mehrheitsfindungen im Deutschen Bundestag nach dem Ende der Ampelkoalition
Auszug aus der Niederschrift vom 13.11.2024
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In diesen unsicheren und schwierigen Zeiten gibt es auch Dinge, auf die man sich trotz allem felsenfest verlassen kann: Wenn die AfD von Rechtsstaat spricht, dann meint sie nicht etwa das Recht, sondern sie meint rechtsextrem.
(Lachen des Abg. Steffen Janich (AfD))
Wenn die AfD von Frieden spricht, dann meint sie Putin und seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und wenn man die AfD von der Arbeit reden hört – also von der Arbeit hier im Parlament -, dann meint die AfD: Hass, Hetze und Propaganda verbreiten.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und des Abg. Patrick Schnieder (CDU/CSU))
Alles, was wirklich mit der Arbeit hier im Parlament zu tun hat – also Kompromisse zu finden,
(Jürgen Braun (AfD): Sie reden wie die SED, Frau Mihalic! Früher wären Sie auch in der SED gewesen! Genauso reden Sie auch, Frau Mihalic! „Hass“ und „Hetze“ sind kommunistische Begriffe, nichts anderes!)
echte Lösungen für die Menschen in unserem Land anzubieten, das Wohl der Menschen dabei ganz konkret im Blick zu haben -, ist nicht im Interesse der AfD. Diesem Hass auf Deutschland, dieser Hetze gegen die Menschen in unserem Land und dieser Propaganda direkt aus den Trollfabriken des Kremls stellen wir uns mit aller Entschiedenheit entgegen, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Steffen Janich (AfD))
Wenn uns etwas daran liegt, den Antidemokraten, den Populisten und den Extremisten das Wasser abzugraben,
(Zuruf des Abg. Steffen Janich (AfD))
dann sollten wir als Demokratinnen und Demokraten
(Jürgen Braun (AfD): … der Deutschen Demokratischen Republik! Das sind Sie! – Stefan Keuter (AfD): Wie gut, dass Sie im Februar einstellig sind!)
zusammenstehen, wichtige Dinge gemeinsam auf den Weg bringen und, Herr Schnieder, gerne in der Sache streiten, und zwar hier in der parlamentarischen Debatte.
(Dr. Götz Frömming (AfD): Parteien verbieten, das nennen Sie Demokratie! Unglaublich! – Jürgen Braun (AfD): Die Opposition verbieten, das können Sie!)
Da hätte ich mir für diese Sitzungswoche doch deutlich mehr vorstellen können; darüber haben wir ja auch schon heute Mittag in der Geschäftsordnungsdebatte geredet. Aber mehr war leider nicht möglich, weil Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, entschieden haben, so lange keine Gesetze und Anträge mit uns beraten zu wollen, bis der Bundeskanzler die Vertrauensfrage gestellt hat.
(Henning Rehbaum (CDU/CSU): Das ist ja richtig! – Daniela Ludwig (CDU/CSU): So ist es! – Dr. Götz Frömming (AfD): Aha!)
Da rede ich noch nicht mal von Entscheidungen; da rede ich erst mal von Beratungen.
(Dr. Götz Frömming (AfD): Und? – Jürgen Braun (AfD): Ihr verweigert die Arbeit! Das ist richtig! Da hat sie sogar mal recht, die Frau Mihalic! – Stefan Keuter (AfD): So ist das halt, wenn man keine Mehrheiten hat in diesem Haus!)
Es ist für diese Woche schon extrem bedauerlich, dass wir Dinge, die für die Menschen in unserem Land sehr wichtig sind – einige sind ja schon genannt worden -, nicht regeln können, weil Sie gar nicht erst zulassen, dass wir hier im Parlament darüber beraten. Und das hat nichts mit Steigbügelhalterei zu tun, Herr Schnieder; das hat etwas mit Parlamentsverständnis zu tun. Deswegen kann ich das nicht verstehen.
(Jürgen Braun (AfD): Die Union kennt nur das Kanzleramt! Die Union kennt kein Parlament mehr! – Zuruf der Abg. Daniela Ludwig (CDU/CSU))
Wenn Sie in der Sache streiten wollen, dann können wir gern darüber streiten, ob es für 13 Millionen Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV wichtig ist, auch im kommenden Jahr noch das Deutschlandticket zu nutzen.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Jürgen Braun (AfD): Das Deutschlandticket! – Daniela Ludwig (CDU/CSU): Das haben Sie doch verbockt!)
Wir sind der Meinung: Das ist sehr wichtig für diese Menschen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir möchten, dass die Leute auch im nächsten Jahr kostengünstig Bus und Bahn fahren können.
(Patrick Schnieder (CDU/CSU): Warum haben Sie das nicht gemacht?)
Gerade in diesen Zeiten ist es doch wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger sich darauf verlassen können, dass wir hier im Parlament frei von parteitaktischen Erwägungen Gesetze beschließen, die das Leben der Menschen ganz konkret erleichtern,
(Patrick Schnieder (CDU/CSU): Machen Sie es doch! – Axel Müller (CDU/CSU): Mehr Kohle!)
oder dass wir auch Regelungen treffen, die das Leben der Menschen, das schon schwer genug ist, nicht zusätzlich erschweren.
Schon heute ist der Druck auf Menschen und insbesondere auf Familien unerträglich wegen der hohen Mieten, die einen Großteil des Einkommens auffressen.
(Stefan Keuter (AfD): Sie hätten es doch heute Morgen aufsetzen können! Was soll diese Brüllerei jetzt?)
Deshalb müssen wir doch hier im Parlament die Kraft finden, die Dauer der Mietpreisbremse zu verlängern, um diese Belastung deutlich abzufedern.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wer unser Land liebt, der lässt die Menschen eben nicht im Regen stehen, sondern übernimmt Verantwortung. Wir sind dazu bereit,
(Henning Rehbaum (CDU/CSU): Da hatten Sie drei Jahre Zeit für!)
auch wenn wir uns bei manchen Dingen noch Veränderungen hätten vorstellen können, zum Beispiel beim Steuerfortentwicklungsgesetz, also beim Abbau der sogenannten kalten Progression. Natürlich hätten wir da noch etwas ändern wollen. Dafür gibt es hier im Haus aber keine Mehrheit.
(Dr. Klaus Wiener (CDU/CSU): Das kann man noch nachträglich machen! Rückwirkend zum 1. Januar! – Patrick Schnieder (CDU/CSU): Das kann man alles noch machen!)
Für uns steht ganz klar im Vordergrund, die Bürgerinnen und Bürger jetzt zu entlasten und nicht erst im Frühsommer, wenn eine neue Regierung im Amt ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Johannes Fechner (SPD): Genau! Ganz genau!)
Verantwortung heißt eben auch, zu sagen: Erst das Land und dann die Partei. – Und dieser Grundsatz war wohl kaum wichtiger als jetzt in dieser Situation, meine Damen und Herren.
(Daniela Ludwig (CDU/CSU): Ach so!)
Über die Vertrauensfrage herrscht ja nun Klarheit, und deswegen habe ich schon die Hoffnung, dass wir hier im Parlament bald wieder ordentlich beraten können. Wir freuen uns jedenfalls, dass wir mit Ihnen zusammen noch vereinbaren konnten, unser Bundesverfassungsgericht besser vor Verfassungsfeinden zu schützen. Aber der Schutz der demokratischen Institutionen wird doch gerade dadurch gestärkt, dass Parlamentarismus und Demokratie auch tatsächlich gelebt werden,
(Jürgen Braun (AfD): Wer will denn die Grundrechte abschaffen? Die Altparteien wollen die Grundrechte abschaffen!)
und das bedeutet, dass wir als gewählte Abgeordnete so lange hier im Parlament konstruktiv mitarbeiten, bis die Wahlperiode tatsächlich zu Ende ist. Genau dazu fordere ich Sie auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP.
Wir haben noch einiges zu regeln, was nicht warten kann. Die Menschen haben deutlich mehr verdient als die Arbeitsverweigerung, die Sie hier gerade ausstrahlen. Ich finde es wirklich traurig, welche ungelösten Probleme Sie den Menschen dieses Jahr noch unter den Weihnachtsbaum legen wollen.
(Daniela Ludwig (CDU/CSU): Ach Gott! Oijoijoijoijoijoijoi! Das ist ja völlig irre! Wir? Ich dachte immer, nur der Kanzler lebt in einer Blase! Ihr lebt alle in einer Blase! Oijoijoijoijoi! Meine Güte! – Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU): Sagen Sie mal: Meinen Sie das jetzt ernst? – Dr. Klaus Wiener (CDU/CSU): Realitätsverlust!)
Das ist dann doch eher „Stille Nacht“ als „O du fröhliche“.
Lassen Sie uns die ausgehende Wahlperiode nutzen, um die Dinge anzupacken, die keinen Aufschub dulden. Wir sind dazu bereit. Ich hoffe, Sie sind es auch.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)