Erste Parlamentarische Geschäftsführerin | Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Anerkennung der Gruppen DIE LINKE & BSW

Quelle: Deutscher Bundestag
Auszug aus der Niederschrift vom 02.02.24

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das, was wir heute hier beschließen wollen, ist in der parlamentarischen Demokratie in Deutschland Neuland. Wir haben nämlich noch nie die Situation gehabt, dass sich aus einer bestehenden Fraktion im Deutschen Bundestag zwei Gruppen gebildet haben, diese Fraktion sich also aufgelöst hat und wir dann über den Status der Gruppen entscheiden mussten.

Deswegen ist es anders als Sie gerade gesagt haben, lieber Kollege Frei. Es geht gar nicht darum, über die Regelung, die wir jetzt treffen, Gruppen den Weg ins Parlament zu ebnen; denn sie sind ja schon da. Das ist der eine Punkt. 

Die Stärke und die Kraft der parlamentarischen Demokratie, die auch zu Recht hier noch mal adressiert wurde, ergibt sich vor allen Dingen daraus, dass Abgeordnete hier im Haus ihre parlamentarischen Rechte wahrnehmen können. Das hat uns bei den Vorschlägen, die wir Ihnen jetzt unterbreiten, auch geleitet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und bei fraktionslosen Abgeordneten)

Kollegin Mast hat gerade dargestellt, was wir alles regeln mussten. Ich will aber noch auf einen Punkt eingehen, der auch in der Vergangenheit oder in den letzten Tagen – wir alle haben E-Mails bekommen – zu viel Kritik geführt hat.

Vizepräsidentin Petra Pau: 

Kollegin Mihalic, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Abgeordneten Dr. Gregor Gysi?

Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Nein. Ich setze meine Rede fort und bin mir aber sicher, dass ich da auf ein paar Aspekte eingehe, die auch den Kollegen Gysi interessieren werden.

Wir alle haben E-Mails bekommen, in denen geschildert wurde, dass es nicht gut ist, zum Beispiel nur zehn Kleine oder Große Anfragen stellen zu können, weil ansonsten viele Informationen, die bisher über das parlamentarische Fragewesen an die Fraktionen gelangt sind, gar nicht mehr abgefragt werden können. 

Das stimmt so nicht. Ich selber war acht Jahre in der Opposition. Wir haben als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in den vergangenen Jahren in der Opposition regelmäßig Kleine Anfragen an die Bundesregierung gerichtet. Viele davon waren wiederkehrend und auch von größtem Interesse für die Öffentlichkeit, aber auch für andere Organisationen beispielsweise, die natürlich mit diesen Informationen arbeiten. Da ist es natürlich schon zutreffend, dass auch diese Informationen weiterhin gewonnen werden können. Darum geht es uns auch. Also, uns ist wichtig, dass Abgeordnete ihre Fragen an die Bundesregierung stellen können und dass sie dann auch die notwendigen Informationen bekommen. 

Aber mit dem, was Sie jetzt an die Hand bekommen, was Sie vorher nicht hatten – Kleine und Große Anfragen können eigentlich nur Fraktionen stellen -, ist es Ihnen vollumfänglich möglich, auch diese Informationen weiterhin über das Fragerecht abzurufen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Zurufe von fraktionslosen Abgeordneten: Nein!))

Sie haben zum Beispiel die Möglichkeit, aus zwei Kleinen Anfragen auch eine zu machen. Den Hinweis möchte ich gerne noch mal geben: Die Einzelfragen, die sich unter einer Kleinen Anfrage befinden, sind inhaltlich und auch zahlenmäßig nicht limitiert. Das heißt, Sie haben die Möglichkeit, über das, was wir Ihnen jetzt an die Hand geben, so viele Fragen zu stellen, wie Sie wollen. Es war uns persönlich auch sehr wichtig, dass alle Informationen, die für die parlamentarische Arbeit der Abgeordneten – auch der Gruppen – wichtig sind, auch erhalten werden können und dass die Bundesregierung diese Fragen auch beantworten muss. 

In diesem Sinne glaube ich, dass wir sehr gute und ausgewogene Regeln gefunden haben, die es allen Abgeordneten ermöglichen,

(Zuruf der Abg. Clara Bünger (fraktionslos))

ihre Rechte und vor allen Dingen auch die Oppositionsrechte vollumfänglich wahrzunehmen.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau: 

Ich erteile das Wort zu einer sehr kurzen Kurzintervention dem Kollegen Dr. Gregor Gysi.

Dr. Gregor Gysi (fraktionslos): 

Frau Präsidentin! Frau Kollegin, ich habe eine Frage: Nach dem 2. Dezember 1990 zogen zwei Gruppen in den Bundestag ein: Bündnis 90/Die Grünen und die PDS. 1994 wir, die PDS, wieder als Gruppe. Beiden Gruppen wurde zugebilligt, unbegrenzt Kleine Anfragen an die Regierung zu stellen. Erstmals entscheiden Sie jetzt, dass wir nur eine geringe Zahl von Kleinen Anfragen stellen dürfen. Das ist ein Drittel dessen, was wir bisher gefragt haben. Damit reduzieren Sie unsere Kontrollrechte im Unterschied zu den beiden Gruppen 1990 und zu der Gruppe 1994.

Vizepräsidentin Petra Pau: 

Sie haben das Wort zur Erwiderung.

Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Lieber Kollege Gysi, lassen Sie mich darauf gerne antworten. – Ja, Sie haben den Umstand richtig beschrieben, dass es einen Unterschied gibt zwischen den Gruppen, die damals im Deutschen Bundestag vertreten waren, und denen, die heute im Deutschen Bundestag vertreten sind. Ich habe eingangs meiner Rede darauf hingewiesen, dass wir es hier mit einem Novum zu tun haben. Die beiden Gruppen, über die Sie gesprochen haben, sind als Gruppe in den Deutschen Bundestag eingezogen. Wir reden jetzt über eine Fraktion, die ihre Auflösung selbst beschlossen hat und damit auch selbst für sich entschieden hat, weniger Rechte zu haben als eine Fraktion.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP): Liebe Grüße an Sahra!)

Wir sind ebenso mit der Situation konfrontiert, dass die Kleinen und Großen Anfragen in einer sehr, sehr großen Zahl – auch das ist etwas, was sich in den letzten Jahren sehr verändert hat – stark zugenommen haben.

(Zuruf der Abg. Clara Bünger (fraktionslos))

Ich gehe darauf ein, worum es Ihnen eigentlich geht. Ich glaube ja gar nicht, dass es Ihnen wirklich um die schiere Zahl geht. Also, es geht doch um die Qualität der parlamentarischen Arbeit und um die Qualität Kleiner Anfragen. Sie haben mit den Fragemöglichkeiten, die Sie jetzt haben, die Möglichkeit, alles zu fragen, was Sie möchten und auch in dem Umfang, den Sie möchten.

(Clara Bünger (fraktionslos): Sie haben Briefe erhalten!)

– Genau, wir haben Briefe erhalten; da standen falsche Zahlen drin. Da stand zum Beispiel drin, dass es nur zehn pro Jahr sein sollen; es sind aber zehn im Monat. Das ist ein Unterschied.

Vizepräsidentin Petra Pau: 

Frau Kollegin, ich muss Sie auf die Zeit aufmerksam machen.

Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Ja. 

Der zweite Unterschied ist, Sie können Kleine Anfragen bündeln. Da sind Ihnen keine Grenzen gesetzt. Sie können vom individuellen Fragerecht, das jedem Abgeordneten zusteht, Gebrauch machen; ich lade Sie dazu ein. Werden Sie kreativ bei der Stellung Ihrer kleinen Anfragen,

(Victor Perli (fraktionslos): Das reicht nicht!)

dann kriegen Sie jede Information, die Sie für Ihre parlamentarische Arbeit benötigen und die Sie auch in der Vergangenheit bekommen haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)