Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Einführung eines gerichtlichen Genehmigungserfordernisses bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen gegenüber Kindern
Gesetzentwurf der Abgeordneten Corinna Rüffer, Katja Keul, Katja Dörner, Maria Klein- Schmeink, Beate Müller-Gemmeke, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Brigitte Pothmer, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Tabea Rößner, Ulle Schauws, Hans-Christian Ströbele, Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
A. Problem
Eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung von Minderjährigen muss laut § 1631b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vom Familiengericht genehmigt werden. Sogenannte freiheitsbeschränkende oder unterbringungsähnliche Maßnahmen unterliegen hingegen keiner richterlichen Genehmigungspflicht. Für diese Maßnahmen ist eine Zustimmung der Sorgeberechtigten ausreichendend. Bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen handelt es sich beispielsweise um die Fixierung eines Kindes mittels eines Bauch- oder Fußgurtes (mechanische Vorrichtung) oder die Gabe von sedierenden Medikamenten (Leeb & Weber, 2014, ZKJ, 143). Solche Eingriffe können – vor allem bei ständiger Wiederholung – für die betroffenen Kinder viel gravierender sein als die Unterbrin- gung selbst.
Die Rechtslage bei Minderjährigen unterscheidet sich von der bei erwachsenen Betreuten. Für Betreute werden nach § 1906 Abs. 4 BGB die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen der Unterbringung gleichgestellt, sodass bei Volljährigen in beiden Fällen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung einzuholen ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 7. August 2013 (XII ZB 559/11) entschieden, dass eine analoge Anwendung des § 1906 Abs. 4 BGB auf das Kindschaftsrecht nicht möglich ist.
Die aktuelle Rechtsprechung birgt Risiken für das Kindeswohl, da die Gefahr des Missbrauchs freiheitsbeschränkender Maßnahmen sehr hoch ist. Insbesondere gilt dies für Kinder und Jugendliche, die sich nicht ausreichend artikulieren oder ver- bal wehren können. Der besonders schutzbedürftigen Gruppe der Kinder und Jugendlichen sollte daher besondere Aufmerksamkeit gelten.
Daher fordern Fachkreise, § 1631b BGB dahingehend zu ändern, dass auch bei Minderjährigen freiheitsbeschränkende Maßnahmen vom Familiengericht genehmigt werden müssen (u. a. Gemeinsame Stellungnahme der Kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaft und der Fachverbände vom 17.6.2016; Position der Deutschen Liga für das Kind in Familie und Gesell- schaft vom 9.3.2016).
Eine Vereinheitlichung der Rechtspraxis analog zur Situation erwachsener Betreuter würde darüber hinaus mehr Rechtssicherheit für Therapeutinnen und Therapeuten, Pädagoginnen und Pädagogen und Einrichtungen schaffen.
Zudem stehen die Sorgeberechtigten bei der Bewilligung freiheitsbeschränkender Maßnahmen oftmals einem Interessenkonflikt gegenüber. Denn einige Einrichtungen machen die Bewilligung freiheitsbeschränkender Maßnahmen zur Bedingung für die Aufnahme der Kinder. Diese Praxis schwächt die Position der Erziehungsberechtigten erheblich, die eine Wohneinrichtung suchen, in der sie für ihr Kind Unterstützung in der Erziehung, Betreuung oder Pflege erhalten.
B. Lösung
Für unterbringungsähnliche Maßnahmen von Minderjährigen wird ein Genehmi- gungserfordernis durch das Familiengericht eingeführt.
C. Alternativen
Keine.
D. Kosten
Keine.