Eine Milliarde Euro Entlastung für Kommunen im Jahr 2014 umsetzen
Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, Dr. Gerhard Schick, Anja Hajduk, Sven-Christian Kindler, Brigitte Pothmer, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Tobias Lindner, Annalena Baerbock, Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Stephan Kühn (Dresden), Steffi Lemke, Dr. Julia Verlinden, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Der Bundestag wolle beschließen
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Seit Jahren leiden eine Vielzahl von Kommunen unter Strukturschwäche und stark steigenden Sozialausgaben. Für viele bleibt als einziger Ausweg zur Bewältigung der eigenen Pflichtaufgaben eine enorme Verschuldung und ein gravierender Investitionsstau.
Der kommunale Kassenkreditbestand stieg innerhalb der letzten zehn Jahre unabhängig von der konjunkturellen Lage und den insgesamt zunehmenden kommunalen Steuereinnahmen auf ca. 47,5 Milliarden Euro an und trieb die kommunale Gesamtverschuldung auf 130 Milliarden Euro. Gleichzeitig erreicht der kommunale Investitionsstau nach Schätzung der Kreditanstalt für Wiederaufbau eine Höhe von 128 Milliarden Euro. Zusätzliche Ausgabenverpflichtungen entstehen für die Kommunen aus den stetig zunehmenden sozialen Aufwendungen, die aktuell die Kommunen in Umfang von 47 Milliarden Euro belasten. Eine Ursache sind die bisher stetig steigenden Ausgaben für Leistungen der Eingliederungshilfe. Neben den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention machen diese Ausgabensteigerungen die Ablösung der bisherigen Eingliederungshilfe durch ein Teilhabeleistungsgesetz zwingend notwendig.
Die Lebensverhältnisse in den Städte gehen immer weiter auseinander. Die Kommunen verzeichnen zwar in ihrer Gesamtheit im Jahr 2013 einen Finanzierungsüberschuss in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Allerdings ballen sich die zusätzlichen Steuereinnahmen in strukturstarken Kommunen. Viele arme Kommunen bleiben auf der Strecke. Die kommunale Familie entwickelt sich immer mehr zu einer Zweiklassengesellschaft.
Kurzfristig brauchen Kommunen in prekärer finanzieller Lage, die den Haushaltsausgleich nicht aus eigener Kraft erreichen oder gar in der Haushaltssicherung sind, Unterstützung. Eine sofortige Entlastung soll dabei vor allem die Kommunen erreichen, die von Strukturschwäche, Arbeitslosigkeit und hohen sozialen Kosten betroffen sind.
II. Der Deutsche Bundestag wird eine Milliarde Euro pro Jahr ab dem Haushalt
2014 zur Unterstützung der Kommunen etatisieren.
Die Etatisierung soll über die entsprechende Erhöhung des Bundesanteils an den
Kosten der Unterkunft im SGB II erfolgen.
Berlin, den 1. April 2014
Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
Begründung
Eine Entlastung der Städte und Gemeinden ist notwendig, zugesagt und wird von einer breiten Mehrheit unterstützt. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode hält einige Maßnahmen zur finanziellen Besserstellung der Kommunen bereit und definiert zwei davon als prioritär für die Koalition:
„Die Gemeinden, Städte und Landkreise in Deutschland sollen weiter finanziell entlastet werden. Im Jahr 2014 erfolgt ohnehin die letzte Stufe der Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund und damit eine Entlastung der Kommunen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Darüber hinaus sollen die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes im Umfang von fünf Milliarden jährlich von der Eingliederungshilfe entlastet werden. Bereits vor der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes beginnen wir mit einer jährlichen Entlastung der Kommunen in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr.“
Mit der vollständige Übernahme der Grundsicherung im Alter ab 2014 begründet die Bundesregierung den Wegfall der Bundeszuschüsse bei der Förderung der Schulsozialarbeit in Höhe von 400 Millionen Euro: „Aus Sicht der Bundesregierung verfügen sie damit auch über erweiterte Ressourcen, um die Aufwendungen für Schulsozialarbeit eigenständig finanzieren zu können.“
Darüber hinaus wird die festzugesagte finanzielle Unterstützung der Länder und Kommunen durch die Reform der Eingliederungshilfe erst ab 2018 realisiert. Das ist zu spät. Die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung des Leistungsrechts, ergibt sich aus der staatlichen Verpflichtung, allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen. Sie ist in unserer Verfassung verankert und durch die Behindertenrechtskonvention konkretisiert, die seit fünf Jahren geltendes Recht in Deutschland ist.
Die versprochene eine Milliarde Euro zur Finanzierung des Übergangs bis zu einem Bundesleistungsgesetzes muss sofort erfolgen.