Erste Parlamentarische Geschäftsführerin | Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rede zur Tarifrunde im öffentlichen Dienst

Irene Mihalic im Plenum des Bundestages

Aus dem Protokoll vom 15. April 2016

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schmidt, das allgemeine aktuelle Interesse an den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst lässt sich, glaube ich, nicht bestreiten,

(Matthias Schmidt (Berlin) (SPD): Das habe ich auch nicht!)

erst recht nicht, wenn der Eindruck entsteht, dass die autonomen Verhandlungen nicht so geführt werden, wie es vielleicht möglich wäre, und aktuell wieder Streiks im öffentlichen Dienst drohen.

(Mahmut Özdemir (Duisburg) (SPD): Das ist das Recht der Arbeitnehmer!)

Dann frage ich mich auch, ob die Bundesregierung die Situation ernst genug nimmt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es ist völlig richtig: Die Tarifautonomie steht im Grundgesetz. Deswegen tun wir gut daran, uns nicht inhaltlich in diese Verhandlungen einzumischen. Deswegen will ich das nicht näher kommentieren, sondern ich möchte etwas zu der Art und Weise der Verhandlungsführung aufseiten der Bundesregierung sagen.

Wenn der Bundesinnenminister nun verbreiten lässt, dass Ende April endlich gelingen wird, was in den ersten beiden Verhandlungsrunden bisher nicht gelungen ist, nämlich konstruktiv zu verhandeln, damit bald ein gerechter Abschluss erreicht wird, dann weiß ich nicht, was Sie damit meinen, Herr Schmidt, wenn Sie sagen, wir müssten den Verhandlungen jetzt noch mehr Zeit und Raum lassen. Ich glaube, Zeit und Raum waren ausreichend vorhanden, und ich frage mich, was eigentlich in den ersten beiden Verhandlungsrunden passiert ist.

Für mich heißt das ganz konkret: Es wurde wertvolle Zeit vertan, die im Interesse der betroffenen Beschäftigten und der Bürgerinnen und Bürger, die nun eventuell wieder von Streiks betroffen sein werden, besser hätte genutzt werden müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Denn durch Streiks beweisen die Tarifparteien ja nur ihren Willen, aber neue Erkenntnisse bringen sie in der Regel nicht. Für den Bundesinnenminister gibt es gegenwärtig gar keinen Grund, an dem Willen der Gewerkschaften zu zweifeln. Deshalb muss man im Gespräch bleiben und sich entsprechend bewegen. Hier wäre ein selbstkritischer Blick auf die eigene Verhandlungsposition sicherlich hilfreich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Was aber auch kritisch überprüft werden sollte, sind einige Argumente, mit denen sich die Arbeitgeberseite in den letzten Tagen zu Wort gemeldet hat. Wenn beispielsweise mit den Kosten der Integration der nach Deutschland Geflüchteten argumentiert wird, die noch gar nicht abschätzbar seien, dann ist das aus meiner Sicht unsachlich und unklug. Das zeigt schon der gemessen am Gesamthaushalt überaus geringe Anteil von Ausgaben zum Zweck der Integration.

Aber noch ein weiterer Punkt ist in diesem Zusammenhang anzusprechen. Es ist vor allem schlicht unverantwortlich, aus parteipolitischen Gründen die laufenden Verhandlungen zu nutzen, um Ängste zu schüren, indem mit Kosten in unbekannter Höhe argumentiert wird. Auch sollte nicht der Versuch unternommen werden, die eine Gruppe gegen die andere auszuspielen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erwarte vielmehr vom Bundesinnenminister, dass alle bestehenden Spielräume konsequent genutzt werden. Denken Sie bitte an die Beschäftigten und vor allem auch an die von Streiks betroffenen Bürgerinnen und Bürger!

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)