Erste Parlamentarische Geschäftsführerin | Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rede zur Einsetzung des Untersuchungsauschusses zur Edathy-Affäre

Irene Mihalic im Plenum des Bundestages

Aus dem Protokoll vom 22. Mai 2014:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Drei Monate und vier Sondersitzungen im Innenausschuss haben leider weder Transparenz noch Aufklärung in dieser Sache gebracht. Das Gegenteil ist der Fall: Die Umstände der langwierigen Bearbeitung im BKA von kinderpornografischen Daten aus Kanada und die Informationsweitergaben zu den Ermittlungen sind immer undurchsichtiger geworden. Sie, liebe Kollegin- nen und Kollegen der Koalition – das ist für mich, das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, eine sehr herbe Ent- täuschung –, handeln leider nach der Devise: Obstruk- tion statt Aufklärung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])

Einzig der Vorsitzende des Innenausschusses war bei Ihnen wirklich die große Ausnahme. Aber da, wo er sei- nen Aufklärungswillen offensiv bekundet hat, haben Sie sogar versucht, ihn auf Linie zu bringen.

(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Quatsch!)

Diese Haltung lässt mich ernsthaft an Ihrem Parlaments- verständnis zweifeln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber das ist dieselbe Haltung, die Sie nach der letzten Sondersitzung vor die Kameras hat treten lassen, wo Sie trotz massiver Ungereimtheiten und vieler offener Fra- gen sinngemäß sagten: Alles ist gut, alles ist aufgeklärt. Wir können zur Tagesordnung übergehen, alles gar kein Problem.

Damit sagen Sie im Grunde, dass Sie kein Problem darin sehen, falls bestimmte Informationen möglicherweise da angekommen sind, wo sie nicht hingehören und wo sie Schaden anrichten können. Dabei ist doch mehr als deutlich geworden, dass nicht nur die berechtigten Geheimnisträger von diesen Vorgängen gewusst haben. Die Informationen zu den Ermittlungen gegen Sebastian Edathy waren quasi Streuwissen in der damaligen Bun- desregierung und bei den Koalitionsverhandlungen. Trotzdem scheint es Ihnen völlig egal zu sein, ob und von wem Sebastian Edathy möglicherweise vor diesen Ermittlungen gewarnt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so geht es nicht. Hier geht es nicht mehr nur um Geheimnisverrat; hier steht Strafvereitelung im Raum, und das muss aufgeklärt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Mit Ihrer Haltung sagen Sie auch, dass Sie kein Problem bei der damaligen Bundesregierung sehen, und das, ob- wohl vieles darauf hindeutet, dass die Rolle des Innen- ministeriums gerade in Bezug auf den BKA-Beamten,der auch auf der Kundenliste stand, zumindest unglücklich gewesen ist.

Offenbar haben Sie auch kein Problem damit, dass kinderpornografisches Material über zwei Jahre in BKA- Computern lagert, bevor erkennbar etwas passiert und strafrechtliche Schritte eingeleitet werden. Sieben geschlagene Monate lang sind die Dateien überhaupt nicht angerührt worden. Angesichts der damit verbundenen schwerwiegenden Straftaten ist das ein skandalöser Vorgang.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])

Da muss man sich doch fragen: Wo sind die organisa- torischen Mängel? Ist das Personal richtig eingesetzt? Wie sind die Abläufe? Was muss sich konkret ändern?

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das können wir so nicht einfach hinnehmen. Wir wollen, nein wir müssen das aufklären. Wir hatten von Anfang an das Ziel, diese ganze Angelegenheit so schnell und so gründ- lich wie irgend möglich aufzuklären, um das Vertrauen ins BKA, in die Politik und nicht zuletzt in den Rechts- staat wiederherzustellen. Wir haben das im Innenaus- schuss wirklich versucht.

Man kann uns weiß Gott nicht vorwerfen, dass wir uns nicht bemüht hätten, diesen ganzen Vorgang so schnell und so gründlich wie möglich im Innenausschuss aufzuklären. Aber es hat sich gezeigt, dass der Innenausschuss nicht das richtige Gremium ist, um in dieser Frage Klarheit zu schaffen. Es gab weder die Möglichkeit, Einzelbefragungen durchzuführen, noch konnten (D) Unterlagen beigezogen werden.

Deshalb brauchen wir jetzt diesen Untersuchungs- ausschuss, in dem wir aber auch nach genau derselben Devise vorgehen wollen, die wir von Anfang an hatten: schnell und gründlich aufklären. Daher bitte ich Sie noch einmal, genau zu prüfen, ob Sie die parlamentarische Untersuchung in dieser Sache weiter ablehnen.

Unser Antrag liegt vor. Grüne und Linke können den Untersuchungsausschuss aufgrund der Minderheitenrechte gemeinsam durchsetzen, und das werden wir auch tun.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koali- tion, es wäre gut, wenn auch Sie – das ist meine ganz herzliche Bitte an Sie – endlich in den Aufklärungs- modus umschalten und konstruktiv mitarbeiten würden.

(Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Was haben wir denn monatelang im Innenausschuss gemacht?)

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)