Erste Parlamentarische Geschäftsführerin | Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ganz real für mehr Sicherheit sorgen

Rede zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems der Ampelfraktionen

Quelle: Deutscher Bundestag
Auszug aus der Niederschrift vom 12.09.24

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Vor drei Wochen ermordete ein mutmaßlich islamistisch motivierter Attentäter in Solingen drei Menschen auf grausame Weise, und viele weitere wurden teilweise lebensgefährlich verletzt. Wir trauern mit den Angehörigen, aber wir wissen gleichzeitig, dass all unser Mitgefühl diese Menschen nicht mehr zurückbringt. Wir müssen und wir werden die erforderlichen Konsequenzen ziehen, meine Damen und Herren, damit unser Land sicherer wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deshalb war es uns auch wichtig, dieses Sicherheitspaket schnell in den Bundestag einzubringen, auch wenn zugegebenermaßen noch wichtige Fragen offen sind. Aber diese werden wir jetzt im parlamentarischen Verfahren klären und weiter daran arbeiten. 

(Beatrix von Storch (AfD): Schnell? Nach wie vielen Toten?)

Für meine Fraktion ist dabei ganz entscheidend, dass das Paket nicht nur mehr Sicherheit verspricht, sondern auch ganz real für mehr Sicherheit sorgt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb passt es auch sehr gut, dass wir gerade in den Haushaltsberatungen sind; denn all die Gesetze und Maßnahmen werden ja nur dann erfolgreich sein, wenn wir unsere Sicherheitsbehörden so ausstatten, dass sie auch tatsächlich leistungsfähig sind. Da reden wir von unseren Nachrichtendiensten, aber auch von der Polizei. 

Wir haben in den letzten Jahren in Bund und Ländern viele neue Stellen geschaffen. Aber wir müssen auch in die Sachausstattung investieren, für moderne Dienstkleidung, Schutzwesten, Waffen, Holster, Fahrzeuge, Liegenschaften, Funkgeräte, Laptops, Cloud- und IT-Kapazitäten, mobile Kontrolleinrichtungen, Labore, Schießstände und vieles mehr. 

(Beatrix von Storch (AfD): Was wollen Sie denn auf dem Schießstand?)

Es geht ganz konkret um bessere Arbeitsbedingungen und Material auf allerhöchstem Niveau für diejenigen, die für unsere Sicherheit sorgen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deshalb brauchen wir dringend eine Basisinvestition in unsere Sicherheitsbehörden. Den Reformstau bei der Bundeswehr haben wir mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro aufgebrochen. Bei den Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern kann es da gut um einen zweistelligen Milliardenbetrag gehen. Das ist eine große Kraftanstrengung, und dessen sind sich alle bewusst. Aber die Zeitenwende, meine Damen und Herren, muss eben auch bei der inneren Sicherheit ankommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt (CDU/CSU))

Denn wer ständig mehr von unseren Sicherheitsbehörden verlangt, zum Beispiel Grenzkontrollen, sie aber nicht entsprechend ausstattet, macht sich unglaubwürdig. 

Und „unglaubwürdig“ ist das Stichwort, das mich direkt zu Herrn Merz und der Union führt. Sie haben ja heute auch einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Aber als Sie am Dienstag den Verhandlungstisch verlassen haben, wurde deutlich, dass Ihnen die Sicherheitsprobleme in unserem Land herzlich egal sind. 

(Mechthilde Wittmann (CDU/CSU): Unverschämtheit!)

Denn da haben Sie, Herr Frei, ja auch klipp und klar gesagt – das hat mich wirklich sehr enttäuscht -, dass Sie mit uns nicht über Sicherheit reden werden, wenn es keine umfassenden Zurückweisungen von Geflüchteten an deutschen Grenzen gibt. Das ist eine Bankrotterklärung, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Frei (CDU/CSU): Sie wissen selber, dass das Blödsinn ist! – Alexander Dobrindt (CDU/CSU): Sie wollen es schlicht nicht!)

Denn immer, wenn es für Sie ernst wird, machen Sie sich vom Acker. Was Sie da fordern, ist europarechtlich nicht haltbar und politischer Wahnsinn. Das haben Ihnen die Innenministerin und auch der Justizminister in allen Details bestätigt.

(Dr. Günter Krings (CDU/CSU): Unsinn!)

Und dann stellen Sie auch noch Ultimaten auf. Das hat mit parlamentarischer Gesprächskultur nicht das Geringste zu tun. Sie wollen keine Lösungen; Sie umarmen das Scheitern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen frage ich Sie: Wo ist denn die Union, deren Politik auf christlichen Werten basiert? Wenn man Ihnen genau zuhört, dann könnte man meinen, da spricht Viktor Orbán. Für Sie ist die Antwort auf alle Sicherheitsfragen eine schärfere Migrationspolitik, und Sie spalten damit die deutsche Einwanderungsgesellschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Frei (CDU/CSU): Wir haben doch konkrete Vorschläge gemacht! Sie setzen es nicht um!)

Aber zur Terrorismusbekämpfung oder Extremismusprävention sagen Sie nicht ein einziges Wort. Und damit werden Sie scheitern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wo ist die Union, meine Damen und Herren, die auf den Trümmerfeldern des Nationalsozialismus die europäische Einigung maßgeblich gestaltet hat, mit Konrad Adenauer, mit Helmut Kohl und Angela Merkel, alle glühende Europäer!

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Also, Sie wollen nichts ändern! Ist das die Botschaft?)

Dieses Werk, Herr Frei, bringen Sie mit Ihrer Ignoranz gegenüber dem europäischen Recht und unseren Nachbarn für eine kurzsichtige Germany-First-Politik ins Wanken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei (CDU/CSU): Erzählen Sie das mal den Leuten!)

Wo ist die Union – Herr Frei, ich frage Sie noch mal -, die aus der Mitte heraus konstruktiv an der Lösung der zentralen Probleme unseres Landes mitarbeitet, 

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Genau das wollen wir tun!)

die bereit ist – jetzt komme ich noch mal auf unser Gespräch zu sprechen -, 

(Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt (CDU/CSU))

sich mit anderen Demokraten zu einigen, gerade wenn es um unsere Sicherheit geht? 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie reden immer vom Dominoeffekt. Aber was meinen Sie denn, wer sich die Hände reibt, wenn die Dominosteine in Europa erst mal alle gefallen sind und der Nationalismus so richtig aufblüht? 

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Sie sorgen mit Ihrer Politik dafür, dass der Nationalismus aufblüht!)

Da freut sich derselbe, der Parteien wie die AfD oder auch das Bündnis Sahra Wagenknecht mit seinen Kampagnen unterstützt, nämlich Wladimir Putin. Und deshalb frage ich Sie: Wo steht da eigentlich die Union?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Frei (CDU/CSU): Fragen Sie sich das doch mal selber! Mit Ihrer Politik kommen Sie in kein Parlament mehr, völlig zu Recht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Land, unsere Gesellschaft sehnt sich nach Frieden und Einigkeit. Es hat die politischen Scharmützel satt, und es erwartet, 

(Zuruf von der AfD)

dass die demokratischen Fraktionen ernsthaft und gemeinsam an Lösungen zu den grundlegenden Fragen unserer Zeit arbeiten. Deshalb sollten Sie nicht gehen, sondern in sich gehen. Wir sitzen immer noch am Tisch und sind weiter bereit, diesen Weg zu gehen.

(Thorsten Frei (CDU/CSU): Offensichtlich nach Ihrer Rede gerade nicht!)

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

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