Erste Parlamentarische Geschäftsführerin | Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Unsere Demokratie wehrhaft machen

Text: Irene Mihalic und Till Steffen für die Publikation PROFIL:GRÜN

Liberale Demokratien sind auf der ganzen Welt bedroht. Rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien vergiften den öffentlichen Diskurs und nutzen den Zugriff auf staatliche Macht, um demokratische
Mitbewerberinnen auszuschalten. In Wahlkämpfen diskreditieren sie politische Gegnerinnen und erklären
sie zu Feind:innen des Landes. Wo sie Wahlen gewinnen, werden kontrollierende Gegenmächte wie Gerichte und freie Medien auf Linie gebracht. Deshalb müssen wir unsere freiheitliche demokratische Grundordnung und die sie tragenden Institutionen widerstandsfähiger aufstellen. Das tun wir seit Beginn der Wahlperiode mit den Mitteln des Rechtsstaats und der parlamentarischen Demokratie. Unsere Reform des Parteiengesetzes sorgt für mehr Transparenz. Neu darin ist die Regelung zu verdeckten Werbemaßnahmen, sogenannten Parallelaktionen. Zukünftig können sich Parteien nicht mehr hinter vermeintlich eigeninitiativer Werbung durch Dritte verstecken, sondern müssen solche Werbemaßnahmen als Spenden verbuchen. Auch für Spenden aus dem Ausland gelten schärfere Regeln; insbesondere in Zeiten vermehrter Einflussnahme durch ausländische Akteure ist das ein wichtiger Schritt. Mit dem neuen Gesetz zur Finanzierung parteinaher Stiftungen unterbinden wir Versuche, staatliche Gelder zu nutzen, um gegen die Demokratie zu arbeiten. Parteinahe Stiftungen müssen zukünftig sicherstellen, dass sie aktiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung und für den Gedanken der Völkerverständigung eintreten. Verfassungsfeind:innen können zukünftig schneller aus dem öffentlichen Dienst und den Gerichten entfernt werden. Das haben wir mit der Reform des Bundesdisziplinargesetzes und des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes neu geregelt. Dies gilt auch für ehrenamtliche Richter:innen, bei denen wir über das Richtergesetz nachschärfen. Mitgliedschaften in verbotenen Parteien und Vereinigungen werden konsequenter geahndet. Politische Beamt:innen müssen sich auch im einstweiligen Ruhestand zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen. Waffen in den Händen von Extremist:innen sind eine Gefahr für unser Land und unsere Gesellschaft.

Durch eine Reform des Waffenrechts wollen wir aktuelle Gesetzeslücken schließen und Extremist:innen konsequent entwaffnen. Zunehmenden Angriffen auf Engagierte, Mandatsträgerinnen oder Journalistinnen begegnen wir mit einer erneuten Reform des Bundesmeldegesetzes. Die letzte Bastion des Rechtsstaats sind die Gerichte. Am Beispiel unseres Nachbarlands Polen konnten wir beobachten, wie man systematisch mit einfachen Mehrheiten die gesamte Gerichtsbarkeit bis hin zum Verfassungsgericht untergraben kann. Auch in Deutschland würde eine einfache parlamentarische Mehrheit ausreichen, um das Bundesverfassungsgericht lahmzulegen oder ausschließlich mit politisch erwünschten Personen zu besetzen. Bislang gewährleistet ein breiter Konsens unter Demokrat:innen,
dass diese Gefahr nicht zur Realität wird. Doch überlegen wir gemeinsam mit den anderen demokratischen Parteien, wie sich das Bundesverfassungsgericht zukünftig besser schützen und seine Unabhängigkeit sichern lässt. Denkbar wäre, manche Regelung ins Grundgesetz zu übernehmen und sie damit dem Zugriff einer einfachen Mehrheit zu entziehen. Bislang ist die Union in dieser Frage zurückhaltend. Wir sind aber weiterhin zu Gesprächen bereit. Wenn die Demokratie durch antidemokratische Kräfte herausgefordert wird, sind wir in der Pflicht, auch die Waffen des wehrhaften Rechtsstaats nachzuschärfen.