Newsletter Dezember 2020
Liebe Leserinnen und Leser,
bald endet ein Jahr, das wir uns so nie vorgestellt hätten und uns vor große Herausforderungen gestellt hat. Niemand von uns hatte zuvor Erfahrungen mit einer Pandemie dieser Natur und dieses Ausmaßes. Und so ist dieses Jahr seit dem Frühjahr vor allem von großer Verunsicherung geprägt. Das jüngste Infektionsgeschehen und der zweite Lockdown haben diese noch verstärkt. Unzufriedenheit und die Sehnsucht nach einfachen und befriedigenderen Antworten treiben viele Menschen zu Verschwörungsmythen und in ideologische Sackgassen. In diesem Newsletter geht es auch um rechtsextreme Profiteure dieser gesellschaftlichen Aufgeregtheit. Das beste Mittel gegen diese Entwicklung ist, eine Diskussionskultur, die von Sachlichkeit, Empathie und Respekt geprägt ist.
Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Pandemie im nächsten Jahr in den Griff bekommen können. Die derzeitige Belastung der Intensivstationen ermahnt uns aber, die jetzige Infektionswelle in einem gemeinschaftlichen Kraftakt abzuflachen und uns an die beschlossenen Maßnahmen zu halten.
Ich wünsche allen, dass sie auch unter diesen außergewöhnlichen Umständen eine schöne Weihnachtszeit erleben, gesund bleiben und gut in ein hoffentlich erfreuliches 2021 rutschen.
Irene Mihalic
Dschihadismus hart und entschlossen bekämpfen
Die schlimmen Anschläge von Nizza und Wien aber auch die islamistisch motivierten Tötungen in Paris und Dresden haben es uns noch einmal deutlich vor Augen geführt: Die Gefahr, die von Dschihadisten und ihren Netzwerken ausgeht ist weiterhin konstant hoch. Die Grüne Bundestagsfraktion hat dazu einen umfassenden Antrag eingebracht.
Wenn wir auf die Anschläge der letzten Jahre schauen muss es uns besonders umtreiben, dass allzuoft die Täter den Sicherheitsbehörden bereits vorher als Gefährder bekannt waren. Trotzdem konnten die Taten nicht verhindert werden. Das liegt meines Erachtens daran, dass einerseits gerade die Top-Gefährder nicht konsequent genug mit einer guten föderalen Aufgabenteilung überwacht werden. Außerdem fehlt bisher eine klare Analyse der islamistischen Netzwerkstrukturen inklusive der Zugänge zu Waffen und zur organisierten Kriminalität. Genau diese Defizite haben mein Kollege Konstantin von Notz und ich gemeinsam mit unserem Parteivorsitzenden Robert Habeck öffentlich thematisiert und im Anschluss hat die Grüne Bundestagsfraktion einen umfassenden Antrag zur besseren Bekämpfung des Islamistischen Terrorismus in den Bundestag eingebracht, in dem wir neben einer effektiveren Überwachung von Gefährdern auch fordern, dass die Bundesregierung Prävention und Deradikalisierung sehr viel nachhaltiger aufstellt und endlich der Wichtigkeit dieser Instrumente Rechnung trägt. Zu dem Antrag wird es Anfang 2021 auch eine öffentliche Anhörung im Bundestag geben.
Artikel zur gemeinsamen Positionierung mit Robert Habeck und Konstantin von Notz
Hier der Link zu zwei Reden zur aktuellen Gefahr durch den Islamismus:
Rechtsextreme Gefahr
Nahezu jeden Tag sind die Nachrichten von Meldungen über Rechtsextremismus geprägt: Immer mehr wird über das Ausmaß rechtsextremer Chatgruppen in den Reihen der Polizei bekannt, die Bewaffnung und Militarisierung der rechtsextremen Szene wurde jüngst durch die riesigen Waffenfunde in Österreich erneut deutlich, in der Bundeswehr gab es neue Erkenntnisse über Reichsbürger und die rechtsextreme Vernetzung bei den Demonstrationen gegen die Corona Maßnahmen nimmt stetig zu. Das alles war selbstverständlich auch in den letzten Monaten wieder Schwerpunkt meiner Arbeit.
Insbesondere die Problematik des Rechtsextremismus und Rassismus in Sicherheitsbehörden, nehme ich mit wachsender Sorge zur Kenntnis. Noch immer wissen wir nicht, wie groß das Ausmaß des Problems ist und was die Ursachen dafür sind. Fest steht jedoch, dass wir es bei über 200 Verdachtsfällen allein in Nordrhein-Westfalen nicht mehr mit Einzelfällen zu tun haben und dringender Aufklärungs- und Handlungsbedarf besteht. Denn die Gefahr, die von Verfassungsfeinden innerhalb von Sicherheitsbehörden ausgehen kann, ist enorm. Die Verweigerungshaltung des Bundesinnenministers die Problematik durch unabhängige Wissenschaftler*innen in Kurz- und Langzeitstudien zu untersuchen, ist nicht nachvollziehbar. Die vom Bundesinnenministerium nun angekündigte Studie zum Polizeialltag, bei der es am Rande auch um Rassismus gehen soll und mit dessen Durchführung die Deutsche Polizeihochschule beauftragt wurde, lässt befürchten, dass Ergebnisoffenheit nicht im Vordergrund steht. Wir fordern daher weiterhin eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung zu verfassungsfeindlichen Tendenzen in den Sicherheitsbehörden.
Nicht nur die Rechtspopulist*innen und Rechtsextremen in den Reihen der Sicherheitsbehörden, sondern auch die in den Parlamenten sind Anlass zur Sorge. Die offizielle Auflösung des „Flügels“ der AfD nach dessen Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als eindeutig rechtsextrem, hat nicht zu einem Verschwinden der rechtsextremen Ideologie geführt. Ich begrüße die Auseinandersetzung des Verfassungsschutzes mit der Frage, ob die Gesamtpartei zum Verdachtsfall wird, da nicht nur einzelne Parteiflügel berücksichtigt werden sollten. Im Parlament erlebe ich jede Woche, wessen Geistes Kind die Abgeordneten der AfD sind.
Dies wurde auch durch das Verhalten einiger Abgeordneter bei der Demonstration gegen das neue Infektionsschutzgesetz im November in Berlin deutlich, als AfD-Abgeordnete bekannte Rechtsextremisten in die Liegenschaften des Bundestags einschleusten. Trotz Distanzierungsversuchen der Parteispitze solidarisieren sich AfD-Mitglieder in Bund und Ländern mit der zunehmend radikalisierten „Querdenken“-Bewegung. Bereits im Sommer haben wir eine umfangreiche Kleine Anfrage zu verschwörungsideologischen Kampagnen, Veranstaltungen und Gruppierungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise an die Bundesregierung gestellt. Rechtsextreme sollen im Juli 2020 laut Bundesregierung nur in einem „zahlenmäßig kleinen Rahmen“ an den Demonstrationen teilgenommen haben und nur vereinzelt Versatzstücke extremistischer Ideologien in den Reden vorkommen. Antisemitische Narrative wurden jedoch bereits im Sommer bei den Demonstrationen verbreitet. Seitdem hat die Verbreitung von rechtsextremen Verschwörungsideologien, wie der QAnon-Erzählung, holocaustverharmlosenden Äußerungen und die Vernetzung in die gewaltbereite rechtsextreme Hooliganszene noch weiter zugenommen. In Baden-Württemberg resultierte dies bereits in einer Beobachtung der Querdenken-Bewegung durch das Landesamt für Verfassungsschutz. In einer weiteren Kleinen Anfrage zur Gefahr durch eine rechtsextreme und verschwörungsideologische Instrumentalisierung der Anti-Corona-Politik-Demonstrationen fragen wir daher die Bundesregierung im Dezember erneut nach den Kenntnissen über die Gefahr, die von der Bewegung ausgeht. Wir bleiben weiterhin wachsam und werden nicht müde, die rechtsextreme Gefahr auch im Innenausschuss zu thematisieren.
Link zum Artikel auf der Website der Bundestagsfraktion
Presselinks:
Redaktionsnetzwerk Deutschland
Hasskriminalität und andere Formen von Gewalt gegen Gewalt Frauen endlich präzise erfassen und wirksam bekämpfen
Prävention von Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen Frauen insgesamt sind Themen, die in der öffentlichen Wahrnehmung allenfalls punktuell vorkommen. Das muss sich unbedingt ändern und wir haben entsprechend einen Antrag dazu eingebracht.
Die Bundesregierung befasst sich nicht hinreichend mit der Frage, wie Gewalt gegen Frauen effektiv und umfassend bekämpft werden kann. Dabei müssen insbesondere Opferschutz und Gewaltprävention dringend verbessert und ausgebaut werden. Schließlich ist die Bedrohung vielfach real im Netz und insbesondere auch im familiären Umfeld.
Wir haben dazu einen Antrag in den Bundestag eingebracht
Auch fehlt weiterhin ein Überblick über das Ausmaß des Problems, da die Bundesregierung nicht an einer Verbesserung der Datenlage arbeitet. Mit unserer Kleinen Anfrage zur polizeilichen Erfassung von Gewalt gegen Frauen in Familie und Partnerschaft machen wir die Bundesregierung erneut auf das Problem aufmerksam.
Rechtswidrige Polizeigewalt in Deutschland
Immer wieder gab es in den letzten Monaten Berichte zu rechtswidriger Polizeigewalt. Wir wollten es genauer wissen und haben eine Kleine Anfrage zur Versachlichung der Debatte gestellt, denn solche Vorwürfe dürfen nicht ungeklärt im Raum stehen bleiben.
Diverse Anlässe haben uns veranlasst uns erneut mit der Frage rechtswidriger Polizeigewalt in Deutschland zu beschäftigen. Die Antworten der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage zeigen leider, dass die Bundesregierung sich bisher nicht so eingehend mit der Thematik befasst hat, wie es dem Thema angemessen und notwendig wäre. Auf unsere Kleine Anfrage hat uns die Bundesregierung mit ihren Antworten wieder mal überrascht. Allerdings nicht positiv. Schwer nachzuvollziehen ist beispielsweise, dass die Bundesregierung bisher nicht – in irgendeiner Weise – im Austausch mit Opferberatungsstellen und Betroffenenvertretungen, die sich dem Thema rechtswidrige Polizeigewalt und Rassismus in Polizeibehörden widmen, steht.
Kleine Anfrage: Rechtswidrige Polizeigewalt in Deutschland
Einfluss der Grauen Wölfe zurückdrängen
Im November habe ich gemeinsam mit meinen Kollegen Cem Özdemir und Konstantin von Notz eine interfraktionelle Initiative zum Verbot der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ auf den Weg gefordert. Die Koalitionsfraktionen haben diesen Impuls aufgenommen und wir haben gemeinsam einen entsprechenden Antrag gestellt.
Seit mehreren Jahrzehnten verbreiten die rechtsextremen, türkisch-nationalistischen „Grauen Wölfe“ auch in Deutschland rassistischen und antisemitischen Hass. Die durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistische Ausländerorganisation eingestufte Gruppierung, hat in Deutschland und im europäischen Ausland zahlreiche Terroranschläge und Morde an türkischstämmigen Minderheiten und Oppositionellen zu verantworten. Mit über 11.000 Anhänger*innen, die in verschiedenen Vereinen organisiert sind, stellt dies eine deutliche Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, aber auch die innere Sicherheit dar. In dem interfraktionellen Antrag Nationalismus und Rassismus die Stirn bieten – Einfluss der Ülkücü-Bewegung zurückdrängen, setzen wir uns dafür ein, Vereinsverbote zu prüfen und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln der rechtsextremen Bewegung entgegenzutreten.
Antrag: Nationalismus und Rassismus die Stirn bieten – Einfluss der Ülkücü-Bewegung zurückdrängen
Link zum Artikel auf der Website der Bundestagsfraktion
Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz auf der Zielgeraden: Bund bekennt sich endlich zu mehr Verantwortung
Kurz vor Ende der Arbeit des 1. Untersuchungsausschusses des Bundestages wurde nun der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière als Zeuge vernommen. Anders als unmittelbar nach dem Anschlag räumte er die Mitverantwortung von Bundessicherheitsbehörden ein und räumte mit der Mär auf, die Causa Amri sei einer „reiner Polizeifall“ gewesen, in den der Verfassungsschutz nicht involviert war. Auch sonst gab es in den letzten Monaten wieder viele neue Erkenntnisse im Untersuchungsausschuss.
In den letzten Monaten des Untersuchungsausschusses haben wir uns intensiv mit der Ermittlungsarbeit des Bundeskriminalamtes (BKA) auseinandergesetzt. Dabei konnten wir herausarbeiten, dass in den Ermittlungen zentrale Spuren nicht berücksichtigt wurden. Man hat nur die Spuren gewürdigt, die der Ermittlungshypothese vom Einzeltäter Anis Amri zumindest nicht widersprochen haben. Diverse Sachbearbeiter und Mitarbeiter der Leitungsebene des BKA mussten am Ende eingestehen, dass diverse Spuren und Stränge unbearbeitet blieben. Auch der Chef des Bundeskriminalamtes Holger Münch räumte ein, dass es hier gewichtige Versäumnisse seiner Behörde gab und entschuldigte sich auch dafür. Fraktionsübergreifend haben wir nun ein unabhängiges Spurengutachten beauftragt, um noch einmal einen fachlichen Blick auf die Vorgänge zu werfen. Diese Arbeit hätte eigentlich das Bundeskriminalamt leisten müssen.
Ein weiterer Höhepunkt der letzten Monate war die audiovisuelle Vernehmung der V-Person des Landeskriminalamtes (LKA) NRW (VP-01), die über 10 Monate vor dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz detaillierte Informationen zur Gefährlichkeit Anis Amris geliefert hat. Das BKA hat diesen Hinweisen misstraut und so die Weichen bei der weiteren Beobachtung Anis Amris auf fatale Weise falsch gestellt. Die VP-01 konnte uns interessante Einblicke zu Anis Amri geben, mit dem sie eine Zeit lang in intensivem Kontakt stand. Unter anderem berichtete die VP 01, wie sie an einem Tag mit Anis Amri und Bilel Ben Ammar mit dem Auto durch Berlin fuhr. Auf dieser Fahrt habe sich gezeigt, welch ein enges freundschaftliches Verhältnis Ben Ammar und Amri gehabt hätten. Für uns war das eine wichtige Zusatzinformation und sie bestätigt unsere Vermutung, dass Ben Ammar in irgendeiner Weise involviert war in Planung und/oder Durchführung des Anschlags vom Breitscheidplatz. Das BKA war diesem Verdacht nur halbherzig nachgegangen. Unmittelbar nach dem Anschlag ließ man den Mitverdächtigen Ben Ammar für 10 Tage ohne große Initiative untertauchen, obwohl man doch damit rechnen musste, dass jemand wie er möglicherweise einen weiteren Anschlag planen oder unterstützen könnte. Die anschließenden Vernehmungen Ben Ammars waren zumindest nicht sichtbar von größerem Erkenntnisinteresse geprägt. Am Ende hat man ihn nur gut einen Monat nach dem Anschlag abgeschoben und damit die Aufklärung des Falls deutlich erschwert. Die Behandlung Ben Ammars war sinnbildlich für den Umgang mit dem Umfeld Anis Amris, dass bis zum heutigen Tag leider kaum erhellt wurde.
Um mögliche Unterstützerstrukturen rund um Amri ging es auch bei Informationen einer Quelle des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Mecklenburg-Vorpommern von Januar 2017. Kurz nach dem Anschlag hatte diese Quelle, die Bezüge nach Berlin hatte, ausgesagt, dass Amri von einer großen arabischen Familie zum Anschlag beauftragt wurde. Er sei bezahlt worden und man habe ihm bei der Flucht geholfen und mit dem Auto außer Landes gebracht. Diese Information war auch im Nachgang des Anschlags hochbrisant, weil man ja davon ausgehen musste, dass mögliche Unterstützerstrukturen Amris noch weitere Anschläge planen könnten. Trotzdem leitete die Führungsebene des LfV diese Informationen erst drei Monate nachdem man die Erkenntnisse gewonnen hatte an die Berliner Behörden weiter und dann auch noch unvollständig. Dabei hatte der direkte Vorgesetzte des Quellenführers beim Chef des LfV Mecklenburg-Vorpommern darum gebeten, die Quellenerkenntnisse umfassend und umgehend weiterzuleiten. Am Ende sah er sich gezwungen, die kompletten Erkenntnisse selber als Whistleblower an den Generalbundesanwalt und das Bundesamt für Verfassungsschutz weiter zu leiten. Diese Causa zeigt nicht nur das Versagen einer Behördenspitze, sondern weist auf strukturelle Unklarheiten der Rolle von Verfassungsschutzbehörden hin. Die Aufklärung von Unterstützerstrukturen um Anis Amri müsste auch aufgrund dieser Informationen noch einmal ganz neu aufgerollt werden.
Kurz vor der Weihnachtspause und dem vierten Jahrestag des schlimmsten islamistischen Anschlags in der Geschichte der Bundesrepublik wurden noch einmal zentrale politische Akteure im Untersuchungsausschuss vernommen, wie z.B. der ehemalige und damals zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Eigentlich sind Sitzungen mit politischen Verantwortungsträgern meist nicht sonderlich spannend, weil sie meistens über kein Detailwissen verfügen und das oft wortreich zum Ausdruck bringen. Die Vernehmung von De Maizière war aber denn noch sehr interessant, weil er die damals offizielle Lesart der Bundesregierung unmittelbar nach dem Anschlag deutlich relativierte. Damals hatte der Bund wenn es um Verantwortung ging hauptsächlich auf die Länder gezeigt und den Verfassungsschutz aus der öffentlichen Debatte rausgehalten. Vier Jahre später und außer Diensten räumte De Maizière eine größere Verantwortung der Bundessicherheitsbehörden ein und gestand vor allem ein, dass Amri kein „reiner Polizeifall war“. Der Verfassungsschutz war als Behörde im GTAZ voll mit drin in der Verantwortung. Wir haben das schon lange so gesehen, aber es ist interessant, dass auch die Akteure der Bundesbehörden und der Bundesregierung nach und nach Positionen abräumen, die nach dem Anschlag vertreten wurden, auch um die eigene Verantwortung herunterzuspielen. Spät, aber immerhin. Ohne Untersuchungsausschuss hätte es solche Kehrtwenden nicht gegeben.
Links:
Ausgangsartikel zu den Hinweisen aus Mecklenburg-Vorpommern
Medienecho:
Pressemitteilung und Homepagebericht zum 4. Jahrestag des Anschlags auf dem Breitscheidplatz
Der Innenhaushalt macht sich nicht allein, lieber Horst!
Ein milliardenschwerer Haushalt und viel Luft nach oben. Zugegeben, Haushaltspolitik zählt für viele Menschen nicht zu den spannendsten Politikerfeldern, gleichwohl gestaltet sie unseren Rechtsstaat ganz erheblich. Daher sind die offensichtlich fehlenden Ambitionen des Bundesinnenministers besonders bedauerlich.
Ein großes Ärgernis bleiben die vielen unbesetzten Stellen in den Sicherheitsbehörden. So waren im Sommer rund 15.000 Stellen in den Polizeibehörden des Bundes nicht besetzt, wie eine Kleine Anfrage von uns ergeben hat. Besonders empörend ist, dass die nach dem Mord an Walter Lübcke im letzten Jahr versprochenen 300 Stellen beim BKA für die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Wahrheit eine Mogelpackung sind. Es gibt da keine zusätzlichen Stellen, sondern es ging um ohnehin geplante Stellen, wie ich durch eine Antwort auf eine schriftliche Frage erfahren habe. Anstatt im Haushalt dieses Problem durch die Schaffung weiterer unbesetzter Stellen auf dem Papier zu kaschieren, wäre eine Ausbildungsoffensive in den Sicherheitsbehörden notwendig.
Eine weitere Leerstelle bildet das Thema von verfassungsfeindlichen Tendenzen in den Sicherheitsbehörden. Hierzu bedarf es dringend einer wissenschaftlichen Untersuchung, die uns helfen würde, Probleme zu erkennen und zu beheben. Gleichzeitig würde sie den überwiegenden Teil der Beamtinnen und Beamten den Rücken stärken, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetztes stehen. Einen entsprechenden Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf haben die Koalitionsfraktionen abgelehnt.
Darüber hinaus haben wir die Einrichtung einer unabhängigen Polizeibeauftragten bzw. eines Polizeibeauftragten beantragt sowie die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage für Polizistinnen und Polizisten. Beides Maßnahmen, die die Beamtinnen und Beamten stärken würden und von der Koalition ebenfalls abgelehnt wurden.
Eine weitere Großbaustelle des Innenministeriums ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), dass wie der Katastrophenschutz insgesamt eher ein Schattendasein auf Bundesebene führt. Dabei zeigt uns gerade die COVID-19 Pandemie, dass auch der Bund mehr Katastrophenvorsorge leisten und Verantwortung übernehmen muss. Ein Trend, der sich durch die Klimakrise noch weiter verschärfen wird. Neben strukturellen Änderungen, wie der Aufwertung des BBK mit einer Zentralstellenfunktion für den Katastrophenschutz, benötigt es ganz konkrete Investitionen. So haben wir zum Beispiel die Beschaffung luftgestützter Waldbrandbekämpfungsmittel in Form von Hubschraubern und Löschflugzeugen gefordert, um wirksam Vegetationsbrände zu bekämpfen. Aber auch diese Vorschläge wurden von der Koalition verworfen.
Haushaltsrede
Link zum aktuellem Beitrag zu Polizeistudie und Rassismus
Phönix vor Ort, die mit mir kurz vor der 2./3. Lesung des Bundeshaushaltes im Gespräch waren
rnd: Bundeskriminalamt – keine neuen Stellen gegen Rechtsextremismus
Sicherheit der Trinkwasserversorgung stärker in den Blick nehmen
Die Versorgung mit Wasser, Energie oder Gesundheitsleistungen gehören zu den elementarsten Bestandteilen der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wir haben parlamentarisch nachgefragt, wie es um den Schutz der Wasserversorgung steht.
Wie dramatisch Störungen oder Ausfälle bei den sogenannten „Kritischen Infrastrukturen“ sein können, erleben wir nur sehr selten. Nicht zuletzt, weil strenge Vorschriften diese schützen. Gleichzeitig ist einer Begleiterscheinung der fortschreitenden Digitalisierung, dass neue Verwundbarkeiten entstehen, die auch von Kriminellen ausgenutzt werden können.
In einer Schriftlichen Frage habe ich mich nach dem Schutz der Wasserversorgung erkundigt. Die Antwort der Bundesregierung auf meine Frage ergab, dass lediglich 47 von 5.748 Wasserversorgern als „Kritische Infrastruktur“ eingestuft sind und entsprechende Sicherheitsstandards, zum Beispiel im Bereich der IT-Sicherheit, erfüllen müssen. Der Grund hierfür ist, dass es einen Schwellenwert gibt, der bei ca. 500.000 zur versorgenden Personen greift. Eine Festsetzung von Schwellenwerten und eine unterschiedliche Betrachtung von kleinen und großen Betreibern ist zwar grundsätzlich sinnvoll, aber wirft Fragen auf, wenn nur rund 0,82% der Versorger unter die Regelungen fallen. Besser wäre ein risikobasierter Ansatz, der auch mittelgroße Versorger stärker berücksichtigt.