Erste Parlamentarische Geschäftsführerin | Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der nach 1945 in beiden deutschen Staaten gemäß den §§ 175, 175a Nummer 3 und 4 des Strafgesetzbuches und gemäß § 151 des Strafgesetzbuches der DDR ergangenen Unrechtsurteile

Gesetzentwurf der Abgeordneten Katja Keul, Volker Beck (Köln), Renate Künast, Luise Amtsberg, Kai Gehring, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Corinna Rüffer, Ulle Schauws, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

A. Problem

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Bestrafung einvernehm- licher homosexueller Handlungen unter Erwachsenen als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention eingestuft, ebenso die Festlegung unter- schiedlicher strafrechtlicher Schutzaltersgrenzen für homo- und heterosexuelle Handlungen.

Der Deutsche Bundestag stellte am 7. Dezember 2000 in einer einstimmig ge- troffenen Entschließung fest, „dass durch die nach 1945 weiter bestehende Strafdrohung homosexuelle Bürger in ihrer Menschenwürde verletzt worden sind“ (Plenarprotokoll 14/140, Drs. 14/4894).

In der Bundesrepublik Deutschland galt die nationalsozialistische Gesetzgebung gegen Homosexuelle bis zum 31. August 1969 unverändert fort (§§ 175, 175a StGB). Sämtliche sexuellen Handlungen zwischen Männern waren strafbar. Von 1969 bis 11. Juni 1994 galten unterschiedliche Schutzaltersgrenzen für homo- und heterosexuelle Handlungen.

Die DDR war 1950 zur vornazistischen Fassung des § 175 zurückgekehrt, hat aber Homosexualität zwischen Erwachsenen bis 1968 nicht vollständig entkriminalisiert. Sie hielt auch bis dahin am nationalsozialistischen § 175a fest. Von 1968 bis 30. Mai 1989 galten mit § 151 StGB-DDR unterschiedliche Schutzaltersgrenzen für homo- und heterosexuelle Handlungen.

Die im Nationalsozialismus ergangenen Urteile nach den §§ 175 und 175a Nr. 4 RStGB wurden 2002 mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege aufhoben, die Ver- urteilten damit rehabilitiert. Für die nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmli- cher homosexueller Handlungen Verurteilte steht eine verfassungsgebotene Re- habilitierung noch aus. Das ist ein monströser Schandfleck unseres Rechtsstaates.

B. Lösung

Die verurteilenden strafgerichtlichen Entscheidungen, die nach 1945 in beiden deutschen Staaten gemäß den §§ 175, 175a Nr. 3 und 4 des Strafgesetzbuches und gemäß § 151 des Strafgesetzbuches der DDR unter Verstoß gegen die Europäi- sche Menschenrechtskonvention ergangen sind, werden durch dieses Gesetz auf- gehoben.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Keine.

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