Newsletter März 2016
Liebe Leserinnen und Leser,
die beschämenden Szenen im Sächsischen Clausnitz haben zu Recht die Gemüter erregt. Es ist auch für mich schwer erträglich, dass Menschen nach einer entbehrungsreichen und gefährlichen Flucht in meinem Land so einem hasserfüllten Mob ausgeliefert werden. Clausnitz zeigt uns, wie weit rechtes Gedankengut in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist.
Wohin dieses führen kann, haben uns die Morde des NSU vor Augen geführt. Auch aktuell besteht eine reale Gefahr durch sich radikalisierende Rechtsextremisten. In diesem Newsletter geht es unter anderem darum, wie viele straffällig gewordene Neonazis auf freiem Fuß und in welchen Netzwerken sie aktiv sind.
Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen!
Liebe Grüße
Irene Mihalic
Antrag für eine/n Polizeibeauftragte/n
Seit Langem fordern wir eine unabhängige Polizeibeauftragte bzw. einen unabhängigen Polizeibeauftragten des Bundes analog zum Wehrbeauftragten. Nun hat die Fraktion dazu einen Gesetzentwurf und zwei ergänzend Anträge im Bundestag eingebracht (BT-Drs. 18/7616, 18/7617 und 18/7618).
Damit wird eine wichtige Forderung aus den Sondervoten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE zum Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses (BT-Drs. 17/14600) umgesetzt.
Und nicht zuletzt die Ereignisse von Clausnitz zeigen, wie wichtig das Thema ist. Die Stimme der oder des Polizeibeauftragten des Bundes würde auch hier für mehr Information, mehr Klarheit und mehr Sachlichkeit sorgen.
Spiegel Online hat über die Initiative ausführlich berichtet
Nazi-Netzwerke aufdecken
Gleich zu Beginn des Jahres lag auf meinem Schreibtisch eine Antwort der Bundesregierung eine schriftliche Frage von mir, die mich zutiefst schockiert hat. Stand September 2015 waren über 450 Haftbefehle an 372 Neonazis (104 mehr als vor 2 Jahren!) noch nicht vollstreckt. Das hat noch einmal verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass der neue NSU-Untersuchungsausschuss die Existenz von Nazi-Netzwerken bis in die Gegenwart untersucht; denn wir haben nicht zuletzt durch die Vorfälle in Clausnitz gesehen, was sich mancherorts zusammenbraut.
Zwar erkennt auch Verfassungsschutzpräsident Maaßen in seinen jüngsten Reden mittlerweile die Gefahr der rechtsextremen Mobilisierung bis in die Mitte der Gesellschaft; jedoch hat gerade seine Behörde viel zu lange an solchen Entwicklungen vorbeigeschaut. Uns fehlt im Prinzip jegliche belastbare Analyse rechtsextremer Strömungen in unserer Gesellschaft. Für die gewaltbereite Neonaziszene fehlt bisher jeder Ansatz, Muster der Mobilisierung herauszuarbeiten. Und bekennende Feinde bzw. Leugner der Verfassung wie die rechte „Reichsbürgerbewegung“ werden nicht einmal zur Kenntnis genommen.
Alles deutet daraufhin, dass unsere Sicherheitsarchitektur immer noch nicht eingestellt ist auf die Gefahr von rechts. Als NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages haben wir uns daher jetzt aufgemacht, die strukturellen Schwächen aufzudecken. In unseren ersten zwei Beweisaufnahme-Sitzungen haben wir uns zunächst mit den vielen offenen Fragen des Brandes in der Frühlingstr. 26 befasst. Erneut mussten wir feststellen, dass der Verfassungsschutz mehr als zurückhaltend war, als es nach dem Brand im November 2011 darum ging, Hinweise auf mögliche Netzwerkstrukturen zu geben. Das zeigt noch einmal wie wichtig es ist die Rolle des Verfassungsschutzes mit seinen V-Leuten in das Zentrum unserer Untersuchungen zu stellen.
Dokumentatiom über Verschwörungstheorien vom ZDF
Anschläge und Anschlagsplanungen, gewaltbereiter Islamismus
Kleine Anfrage zur Kooperation der Sicherheitsbehörden in der Terrorismusbekämpfung
Die Anschläge von Paris und das, was wir inzwischen darüber wissen, begründen Zweifel an der Kooperation der Sicherheitsbehörden in der Terrorismusbekämpfung. Die Kleine Anfrage fragt hier kritisch nach.
Artikel in der Welt
Antrag Abgabe von anschlagsfähigen Ausgangsstoffen beschränken
In diesem Antrag thematisieren wir die leichte Verfügbarkeit von Stoffen, die zur Herstellung von Bomben verwendet werden können. Die daraus resultierenden Möglichkeiten für Anschlagsplanungen haben heute anders als früher große praktische Relevanz, denn die Bedrohung durch politisch motivierte Anschläge geht ja zunehmend auch von radikalisierten Einzeltätern aus, die zur Durchführung ihrer Taten Unterstützung durch bewusst wenig institutionalisierte, fluide Netzwerke erhalten.
Kleine Anfrage zur Silvesternacht 2015/2016 in Köln
Die Ereignisse der Silvesternacht 2015 / 2016 in Köln haben wir im Januar im Rahmen einer Kleinen Anfrage thematisiert. Dazu liegt nun die Antwort der Bundesregierung vor. Die Antwort der Bundesregierung dokumentiert in erster Linie Unkenntnis. Wir konnten jedoch auch einige Unstimmigkeiten in der Darstellung der Bundespolizei aufzeigen.
Die FAZ hat darüber berichtet und auch das Antwortverhalten der Bundesregierung thematisiert.
Anfragen zu Waffen
Schriftliche Frage zum Kleinen Waffenschein
In ca. zwei Monaten (Ende November bis Ende Januar) nahm die Zahl der „Kleinen Waffenscheine“ um mehr als 21.000 zu, was ein Zuwachs von 7,7 Prozent bedeutet. Dies ist die Antwort der Bundesregierung auf meine Schriftliche Frage vom 4. Februar 2016 und wirft, wie ich meine ein Schlaglicht auf unsere Gesellschaft.
Die Tagesschau hat die Anfrage unter dem Titel „Deutschland rüstet auf“ aufgegriffen.
Auch der Spiegel hat darüber berichtet.
Kleine Anfrage zu Waffen in Deutschland
In einer weiteren Kleinen Anfrage haben wir das Thema Waffen aufgegriffen. Die Antwort der Bundesregierung zeigt dabei insbesondere, welche große kriminalistische Bedeutung erlaubnisfreie Waffen haben. Sehr besorgniserregend ist jedoch auch, wie viele legale Waffen jedes Jahr als gestohlen oder abhandengekommen gemeldet werden, wobei die Dunkelziffer noch deutlich höher liegen dürfte.
Darüber hinaus, wird deutlich, dass die Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Waffen nicht immer ganz sachgerecht ist, denn statistisch wird nicht erfasst, ob die Waffe erst in der Tatsituation bzw. konkret in der Hand des Täters zur illegalen Waffe geworden ist. Daher sagt auch die Zahl der Opfer legaler Waffen über das Gefahrenpotenzial legaler Waffen nicht alles.
Artikel im Hamburger Abendblatt