Liebe Leserinnen und Leser,
kurz vor der parlamentarischen Sommerpause gibt es in Berlin noch einiges zu tun. Insbesondere der Untersuchungsausschuss zu Sebastian Edathy bleibt bis zum wahrscheinlich baldigen Schluss richtig spannend. Jenseits dessen bietet die Bundesregierung, gerade im Bereich der inneren Sicherheit, vieles, was nicht nur verbesserungswürdig, sondern komplett falsch ist. Mit diesem Newsletter möchte ich über die aktuellen Entwicklungen und meine Initiativen auf diesem Gebiet informieren.
Zuerst möchte ich aber noch auf eine Folge der Talkshow „Hart aber fair“ hinweisen, an der ich beteiligt war. Unter dem Titel
„Ängstliche Bürger, hilflose Polizei: Was schützt gegen Einbruch und Trickbetrug?“ ging es letztlich leider nicht um die Ursachen für Kriminalität und effektive Bekämpfungsmöglichkeiten, sondern lief schnell auf ein entlarvendes Gespräch hinaus, das sich eigentlich vor allem um persönliche Vorurteile und deren Auswirkungen gedreht hat. Gerade deshalb sehr spannend.
Ich wünsche allen einen sonnigen, friedlichen und erholsamen Sommer.
Irene Mihalic
BKA, Edathy: Untersuchung-sausschuss geht auf die Zielgerade
Nach 43 Sitzungen und unzähligen Zeugen- und Expertenvernehmungen steht der zweite parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) des Bundestages in der 18. Wahlperiode kurz vor dem Ziel.
Schon heute ziehe ich für mich das Fazit, dass wir wesentlich mehr erfahren konnten, als ich zu hoffen wagte. So können wir eine der Hauptfragen des PUA – wurde Sebastian Edathy vor möglichen Ermittlungen gegen ihn gewarnt und wenn ja von wem – heute beantworten: Ja, Edathy wurde gewarnt; und ich bin sicher, dass der ehemalige innenpolitische Sprecher der SPD Michael Hartmann der Informant war. Dieser Befund wird von der Linken sowie von CDU/CSU geteilt, nur die SPD verschließt sich den Fakten.
Fünf Zeugen bestätigen, dass Michael Hartmann Sebastian Edathy am Rande eines SPD-Parteitages im November 2014 – also 3 Monate vor Durchsuchungen bei Edathy – gewarnt hat. Nur ein Zeuge behauptet das Gegenteil, nämlich Michael Hartmann selbst, dem allerdings von seinem
von der SPD-Fraktion bezahlten Anwalt erfolgreich empfohlen wurde, die
Aussage vor dem PUA zu verweigern.
So wissen wir leider bis zum heutigen Tag nicht genau, woher Hartmann seine Informationen zu möglichen Ermittlungen des BKA gegen Edathy hatte.
Entweder er wurde von der SPD-Fraktionsspitze oder vom ehemaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke bzw. dessen direkter Umgebung über die Ermittlungen gegen Edathy auf dem Laufenden gehalten.
Wir werden dieser offenen Frage noch einmal in der vermutlich letzten Sitzung des PUA am 1. Juli intensiv nachgehen.
Wir Grüne haben uns erfolgreich dagegen gewehrt und eine weitere Sitzung mit Oppermann am 1.7. durchgesetzt. Es bleibt zu hoffen, dass sich die
SPD-Fraktion diesmal erkennbar an der Aufklärung beteiligt. Bisher haben ihre Vertreter im
PUA gemauert wo es ging, während die SPD-Zeugen im Schutz dieser Mauer ihre
Gedächtnislücken präsentieren durften – ein wirklich unsäglicher Vorgang! Wie dem auch sei, am Ende bleibt nach einem Jahr Untersuchungsarbeit die Erkenntnis, dass Informationen zu sensiblen Ermittlungen viel zu unkritisch weitergegeben wurden.
Die SPD-Spitze hätte niemals vom Vorgang Sebastian Edathy erfahren dürfen; wenigstens aber hätte das BKA der niedersächsischen Staatsanwaltschaft, die zurecht monierte, sie sei
„künstlich dummgehalten“ worden, mitteilen müssen, dass die Information zu Edathy schon zur SPD vorgedrungen ist.
Mit diesem Wissen hätte die Staatsanwaltschaft wahrscheinlich deutlich schneller Haus- durchsuchungen bei Edathy angeordnet, vielleicht bevor er hätte gewarnt werden können.
Grüne Initiative für eine/n unabhängige/n Polizeibeauftragte/n
Die Polizei ist Teil und
Spiegelbild dieser Gesellschaft. Das bedeutet umgekehrt natürlich auch, dass die Polizei sich weiter öffnen und ihr Handeln der Gesellschaft gegenüber transparent machen muss.
In der Dienstgruppe dieses Beamten herrschte wohl schon seit Jahren ein Klima der Angst und der Gewalt. Ein völlig ungesunder Cliquengeist ließ nichts von alledem nach außen dringen. Hier gibt es in der Sicherheitsarchitektur unseres Landes dringenden Handlungsbedarf.Wir brauchen endlich eine/n unabhängige/n Polizeibeauftragte/n für die Bundespolizei und das BKA. Das habe ich auch noch einmal in meiner Bundestagsrede vom 19.6. bekräftigt.
Hier sollen sowohl Bürger*innen als auch Polizistinnen und Polizisten auf Wunsch anonym Hinweise zu relevanten Vorgängen geben dürfen. Die oder der Beauftragte darf nicht Teil der polizeilichen Hierarchien oder des Innenministeriums sein, damit eine unabhängige Arbeit ermöglicht wird.
Idealerweise wäre der oder die Polizeibeauftragte – analog zum Wehrbeauftragten – beim Deutschen Bundestag angesiedelt, weil eine solche Stelle auch enorm wichtig für die parlamentarische Kontrolle der Staatsgewalt im Innern wäre. Mit einer/einem Polizeibeauftragten könnte der Bund zudem Vorbild für die Bundesländer sein, für ihre Polizeien ähnliche Stellen einzurichten. Rheinland-Pfalz geht da schon mit gutem Beispiel voran.
Es freut mich besonders, dass der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter André Schulz die Forderung nach einer/m Polizeibeauftragten nicht nur unterstützt, sondern gemeinsam mit mir in
einem Gastbeitrag engagiert vertritt.
Auch sehr wichtig ist, dass der
ehemalige Wehrbeauftragte Reinhold Robbe sich vor seinem Erfahrungshintergrund sich ebenfalls für die Einrichtung eines/r Polizeibeauftragten ausspricht. Nun muss nur noch die Große Koalition ihre Blockadehaltung aufgeben.
NSU-Terror: Es bleibt noch viel aufzuklären
Die Untersuchungsausschüsse zur Aufarbeitung des NSU-Terrors in den Bundesländern machen überdeutlich, dass die These vom Trio, das völlig abgeschottet von der Außenwelt gemordet hat – losgelöst von Netzwerken und Strukturen – falsch ist. Genau diese These verbreiten jedoch seit dreieinhalb Jahren stur die Spitzen der Sicherheitsbehörden und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV).
Und das hat auch Auswirkungen auf den aktuellen Umgang mit der rechtsextremen Szene. Anstatt sie vertieft zu analysieren, interessiert man sich ausweislich des jährlichen Verfassungsschutzberichtes ausschließlich für NPD-Wanderungssaldi.
Gruppierungen wie die „Reichsbürgerbewegung“ die in Fundamentalopposition zu unserer Verfassung stehen werden dabei gar nicht erst beobachtet.
Auch aktuelle rechtsterroristische Bestrebungen wie die
„Old School Society“ deren Mitglieder man Anfang Mai wegen eines mutmaßlich geplanten Terroranschlages festgenommen hatte, werden nur als Einzelfälle behandelt. Keinesfalls sieht man darin ein Warnzeichen für mögliche weitere terroristische Bestrebungen. Die Bundesbehörden verweigern sich weiterhin den tiefgreifenden Lehren aus dem NSU-Terror.
Das offenbart auch der aktuelle
Entwurf zur Reform des Bundesverfassungsschutzgesetzes (18/4654) der so gestaltet ist, als hätte es nie ein Problem mit V-Leuten in der Nazi-Szene gegeben. Alles, was sich in den letzten 20 Jahren als problematisch erwiesen hat, die hohe Bezahlung von V-Leuten, ihre unbefristete Verwendung, die Ausübung von Straftaten im Zuge der Verwendung soll nun auch noch gesetzlich legitimiert werden.
Zwar werden weiche Anforderungen an den V-Leute-Einsatz formuliert, jedoch gilt am Ende: Im Zweifel entscheidet der Amtsleiter des BfV. Und dessen Entscheidung wird im Prinzip nirgends transparent. So geht der skandalöse Umgang mit V-Leuten wie gehabt weiter. Wir haben das mit einem
eigenen Antrag (18/4690) und im Bundestagsplenum entsprechend gekennzeichnet.
Der vorläufige und noch nicht veröffentlichte Bericht von Jerzy Montag zum ehemaligen V-Mann des BfV „Corelli“ und seinen Bezügen zum NSU hat deutlich gezeigt, dass es strukturelle Mängel bei der V-Leute-Führung gibt.
Ich habe mich bereits dafür ausgesprochen, auch auf Bundesebene einen neuen NSU-Untersuchungsausschuss einzusetzen. Wenn dieser zustande kommt, sollte die kritische Betrachtung des V-Leute-Einsatzes meines Erachtens dringend Teil des Untersuchungsauftrages sein.
Keine gefährliche Symbolpolitik beim Kampf gegen Terrorismus
Die Anschläge von Paris Anfang des Jahres haben gezeigt, dass wir in Zeiten einer konstant hohen terroristischen Bedrohung leben.
Eine Strategie für eine bessere personelle und strukturelle
Ausstattung der Sicherheitsbehörden? – Fehlanzeige! Eine wirksame mit Ländern und zivilgesellschaftlichen Institutionen ausgearbeitete Präventionsstrategie? Fehlanzeige!
Stattdessen präsentiert Bundesinnenminister de Maizière ein Ersatzdokument für potentiell gewaltbereite Islamisten. Laut entsprechendem Gesetz erhalten Verdächtige bei nicht näher bestimmten Anhaltspunkten einen Brief mit der Aufforderung, den eigenen Ausweis gegen einen „Terroristen-Perso“ einzutauschen. (siehe dazu meine Bundestagsrede vom 30.1.2015).
Sie werden eher ihre vorher gefassten Pläne in die Tat umsetzen, als sich auf den Weg in die Passbehörde zu machen. Eine andere Möglichkeit wäre es, das
alte Dokument als gestohlen oder sonst wie verschwunden zu melden, um es dann bei der Ausreise aus dem Schengen-Raum plötzlich wieder zu finden.
Eines ist wohl jedem klar: Niemand wird jemals den Terroristen-Perso bei irgendeiner Kontrolle vorzeigen. Daher ist das Papier wertlos und gefährlich, weil unter Umständen Taten erst provoziert und forciert werden.
Unsere massiven Bedenken wurden durch die
Ausschuss-Anhörung zu dieser völlig praxisfernen Initiative in keiner Weise ausgeräumt, sondern eher bestätigt. Die Bundesregierung gab sich völlig unbeeindruckt und brachte ihren Gesetzentwurf nahezu unverändert durch die abschließende Lesung.
Wir haben unseren Standpunkt daher nochmal in einem Entschließungsantrag (18/4711) zum Ausdruck gebracht.
Einsatz im Revier
Erste Besuchergruppe dieses Jahres in Berlin
Königsblaue Liebe
Die erste Gruppe, die mich in diesem Jahr in Berlin besucht hat, kam mit sehr viel guter Laune großem Interesse in der Hauptstadt an. Was die dort zwischen Geschichte, Politik und Kultur erlebt haben, kann man in einem
kleinen Bericht auf meiner Website nachlesen.