Auszug aus der Niederschrift am 09.10.25
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es hat fast acht Jahre gedauert, um auf europäischer Ebene einen Kompromiss für ein gemeinsames europäisches Asylsystem zu finden. Erst durch die Verhandlungen der damaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Außenministerin Annalena Baerbock war ein solcher Kompromiss überhaupt nur möglich:
(Tino Chrupalla (AfD): Wunderbar!)
ein System, das alle Mitgliedstaaten gleichermaßen verpflichtet und das vor allem von allen solidarisch mitgetragen werden muss.
(Jens Spahn (CDU/CSU): Wissen die Grünen im Europaparlament auch davon?)
Das hat keine CDU-geführte Regierung vorher geschafft, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte allerdings nicht verschweigen, dass dieser Kompromiss ganz sicherlich nicht die reine grüne Lehre war.
(Lachen des Abg. Tino Chrupalla (AfD) – Jörn König (AfD): Gott sei Dank!)
Für meine Fraktion war das Verhandlungsergebnis mit vielen Härten und auch Zumutungen verbunden. Doch wir waren am Ende bereit, diesen Kompromiss im Kern mitzutragen, weil wir immer an eine europäische Lösung geglaubt haben, meine Damen und Herren.
(Tino Chrupalla (AfD): Das ist wie in der Kirche!)
Und genau das unterscheidet uns von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, von der Union.
(Zuruf des Abg. Alexander Hoffmann (CDU/CSU))
Im Gegensatz zu uns haben Sie nie an eine europäische Lösung geglaubt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn (CDU/CSU): Der Innenminister arbeitet daran! Der Innenminister arbeitet gerade daran!)
In der Migrationspolitik haben Sie von Anfang an einen kompromisslosen nationalstaatlichen Alleingang verfolgt, dessen Auswirkungen sich jetzt in rechtswidriger Weise, Herr Dobrindt, an den deutschen Außengrenzen zeigen. Mit den Zurückweisungen von Schutzsuchenden verstoßen Sie tagtäglich gegen europäisches Recht
(Dr. Christian Wirth (AfD): Nein!)
und verprellen dabei unsere Nachbarländer. Und das ist inakzeptabel, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Erhard Brucker (AfD): Machen sie doch gar nicht!)
Als wir in der Ampelregierung waren und Sie in der Opposition, da sind wir einen sehr großen Schritt auf Sie zugegangen. Wir haben uns zu Gesprächen im Innenministerium getroffen und waren bereit, die Migrationspolitik und damit auch die Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems mit Ihnen zu verhandeln. Doch der Kollege Thorsten Frei, inzwischen Chef des Bundeskanzleramts, hat die Kompromisslosigkeit der Union sehr schnell klargemacht: Grenzen dichtmachen, Schutzsuchende zurückweisen – das war schon damals Ihre Linie. Mittlerweile sind Sie ja immerhin so weit in der Realität angekommen, dass Sie selbst merken, dass es eine europäische Lösung braucht, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Doch bei der Umsetzung geht es ja vor allen Dingen um das Wie. Der Bundeskanzler hat in einem Interview gesagt, was für ihn am schwersten zu ertragen ist, und als Mutter fällt es mir ebenso schwer: nämlich über das Leid von Kindern zu sprechen. Aber wir müssen darüber sprechen, meine Damen und Herren, wenn Sie dieses Leid nun auch noch gesetzlich zementieren wollen.
(Zuruf des Abg. Dr. Günter Krings (CDU/CSU))
Sie wollen sogenannte Sekundärmigrationszentren schaffen, die keinen anderen Zweck haben, als Menschen de facto zu inhaftieren. Familien kommen nach Deutschland, um hier Schutz zu suchen, und werden stattdessen eingesperrt. Das werden wir nicht mittragen, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und damit nicht genug: Asylsuchende werden vollständig von allen Leistungen ausgeschlossen – spätestens zwei Wochen, nachdem feststeht, dass ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Aber Sie wollen nicht dafür sorgen, dass diese Menschen in diesem Zeitraum den zuständigen Staat auch praktisch erreichen können, meine Damen und Herren. Ja, wie stellen Sie sich das denn vor? Sie können den Menschen doch nicht Nahrung und Unterkunft verweigern, wenn Sie nicht gleichzeitig garantieren können, dass ein Flug oder ein anderer Transfer ins zuständige Land zur Verfügung steht. Damit bringen Sie Asylsuchende in eine existenzielle Notlage, meine Damen und Herren.
(Zuruf des Abg. Vinzenz Glaser (Die Linke))
Und auch hier sind wieder Kinder betroffen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nach außen sagen Sie immer: „Humanität und Ordnung“, und eben haben wir auch noch das Wort „Solidarität“ gehört. De facto schaffen Sie aber all dies ab. Deshalb sage ich Ihnen ganz klar: Dieser Kurs wird scheitern.
(Zuruf der Abg. Lamya Kaddor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Mit Ihrem Frontalangriff auf Schutzsuchende sind Sie verfassungsrechtlich ohnehin auf hoher See, und das wissen Sie ganz genau. Da gehen wir nicht mit, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






