Aus der Niederschrift vom 07.10.2020
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Herr Krings, Ihr Gesetzentwurf zum Melderecht enthält durchaus ein paar gute Punkte, die ich nicht unerwähnt lassen will, zum Beispiel die Möglichkeit, Verwaltungsleistungen des Melderechts elektronisch über die Verwaltungsportale anzubieten. Dadurch wird das Onlinezugangsgesetz umgesetzt, es ist aber vor allem auch eine bürokratische Erleichterung, die nicht nur der technischen Entwicklung Rechnung trägt, sondern von den Menschen selbstverständlich auch erwartet wird. Das gilt erst recht für den Abruf der eigenen Meldedaten, um diese beispielsweise als Meldebescheinigung oder zur Beantragung anderer Dienstleistungen zu nutzen. Es ist wirklich eine erhebliche Erleichterung, wenn das demnächst online geschehen kann. Das finden wir – das sage ich ausdrücklich – gut.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Benjamin Strasser (FDP))
Richtig finden wir auch, dass das Verfahren bei Auskunftssperren effizienter gestaltet wird, ohne das aktuelle Schutzniveau für die Betroffenen zu senken. Aber wir müssen uns die Datenkataloge, die infolge ihres Gesetzentwurfs demnächst bundesweit abrufbar werden, ganz genau anschauen. Dabei sollten wir auch im Blick haben, dass ein leichter Zugang zu sensiblen Daten missbrauchsanfällig sein kann. Das Bedrohungspotenzial missbräuchlich abgerufener Meldedaten ist enorm groß. Sie alle kennen die Fälle, in denen Meldedaten über Polizeicomputer abgerufen und für Drohbriefe verwendet wurden; Stichwort: NSU 2.0. Solche Vorgänge untergraben das Vertrauen in staatliche Stellen und auch staatliche Datenhaltungen, allen voran bei der Polizei. Daher ist es wirklich enorm wichtig, dass diese Fälle lückenlos aufgeklärt werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb müssen wir auch über den Zugang zu Meldedaten in den Behörden diskutieren. Aber nicht weniger wichtig ist die Frage, unter welchen Bedingungen Meldedaten an nichtöffentliche Stellen wie zum Beispiel Privatpersonen herausgegeben werden. Das hat Kollegin Jelpke vorhin ausführlich problematisiert: Schließlich kann jede und jeder in guter, aber halt eben auch in böser Absicht Anfragen an die Meldebehörden richten; das geschieht ja eben auch sehr häufig.
Im Gegensatz dazu sind die Voraussetzungen für eine Auskunftssperre, wie auch wahrscheinlich der eine oder andere von uns hier schon in Erfahrung gebracht hat, einfach enorm hoch. Auch daran ändert Ihr Gesetzentwurf nichts. Darüber müssen wir dringend sprechen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Hürden für eine Auskunftssperre dürfen die Sicherheit von Personen auf gar keinen Fall gefährden, zum Beispiel von kommunalen Amts- und Mandatsträgern, die zunehmend unerträglichen Anfeindungen und auch Bedrohungen ausgesetzt sind.
Auch sollten wir die unterschiedlichen Zwecke der Datenspeicherung noch einmal ganz genau in den Blick nehmen. So kann zum Beispiel der Eintrag einer waffenrechtlichen Erlaubnis für Polizistinnen und Polizisten bei einer Personenkontrolle sehr hilfreich sein. Wie der Anschlag in Hanau aber gezeigt hat, ist das kein Automatismus. Es stellt sich dabei auch die Frage, ob ein solcher Eintrag im Hinblick auf eine mögliche Bewaffnung aussagekräftiger gestaltet werden kann. Dann wäre er noch hilfreicher.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Daten der Melderegister „sind das informationelle Fundament der Verwaltung“; so heißt es in Ihrem Gesetzentwurf absolut zu Recht. Dass sich dabei eine ganze Reihe datenschutzrechtlicher Fragen stellt, liegt auf der Hand. Um die müssen wir uns im weiteren Verfahren nun kümmern.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)